Corona-Dynamiken - 13.11.2020 - PDF
“Stopp Corona”-App: Entwicklung in der Nutzung und Akzeptanz
- Die Nutzung der “Stopp Corona”-App ist seit April leicht angestiegen, bleibt aber auf geringem Niveau.
- Deren Nützlichkeit zur Pandemie-Eindämmung bleibt umstritten und unverändert.
- Eine verpflichtende Verwendung wird immer noch überwiegend abgelehnt, auch wenn diese Maßnahme mit dem Erstarken der Pandemie leicht an Unterstützung gewinnt.
- Datenschutzbedenken haben zwar abgenommen, gleichzeitig besteht weiterhin große Skepsis und Unklarheit.
Von Julian Aichholzer und Fabian Kalleitner
Zur Eindämmung der Corona-Krise hat das Rote Kreuz relativ früh die “Stopp Corona”-App vorgestellt und deren Verwendung empfohlen. Mittlerweile wurden auch viele offene Fragen der Funktionalität der App oder Fragen des Datenschutzes aufgegriffen, um diese für potenzielle Nutzer*innen zu klären.
Ein früherer Beitrag (Corona-Blog 31) des Austrian Corona Panel Project (ACPP) zeigte, dass die Nutzung der “Stopp Corona”-App im April des Jahres 2020 noch sehr gering war (nur knapp 12%), wenngleich viele bereits davon gehört hatten (ca. 75%). Auch der Nutzen im Sinne der Effektivität zur Pandemiebekämpfung war in der Bevölkerung umstritten, deren Funktionalität weitgehend unklar.
In diesem Beitrag werden Veränderungen in der Nutzung sowie der Akzeptanz und Bewertung der “Stopp Corona”-App in Österreich anhand von ACPP-Daten dargestellt (siehe auch Abbildung 1).
Nutzung der App über die Zeit
Die Verbreitung der App beläuft sich derzeit auf knapp 1,1 Millionen Downloads (Stand: Ende Oktober 2020); das wären bei einer groben Schätzung von einer Hälfte bis zwei Drittel aktiver Nutzer*innen ca. 8-10% der österreichischen Bevölkerung (ab 18 Jahren).
Ende Juni 2020 gab es laut ACPP-Daten rund 5%, die die App zu diesem Zeitpunkt nutzten bzw. 8%, die sie damals schon genutzt hatten. Mitte Oktober diesen Jahres waren es bereits 13% (aktuell) bzw. 7% (früher genutzt). Diese Anteile werden aufgrund der Internet-affinen Zielpopulation des Panels somit vermutlich etwas überschätzt. Außerdem hat nur eine absolute Minderheit seit ihrer Ausrollung noch nie von der App gehört (jeweils 6% im Juni und Oktober). Zusammenfassend heißt das, auch wenn sich also ein klarer Anstieg in den letzten Monaten verzeichnen lässt, ist die App-Nutzung insgesamt gesehen in der österreichischen Bevölkerung weiterhin gering.
Nützlichkeit der App
In der Einschätzung, ob die App nützlich ist, um das Coronavirus einzudämmen, scheiden sich die Geister (siehe Abbildung 1). Nur knapp ein Viertel der Bevölkerung stimmt dieser Aussage voll und ganz bzw. eher zu (u.a., knapp ein Fünftel hat dazu keine Meinung). Auffallend ist auch, dass die Einschätzung der relativ geringen Sinnhaftigkeit de facto über Zeit unverändert bleibt: 22% stimmten dem im April zu, 24% Ende Juni und 23% im Oktober.
Bedenken über den Datenschutz?
Wie eingangs erwähnt, wurde die App auch immer unter der Überschrift des hinreichenden Datenschutzes diskutiert. Gefragt wurden Respondent*innen im ACPP nach ihrer Einschätzung, ob die App die Daten der einzelnen Personen effektiv schützt. Die Ergebnisse der Befragung legen nahe, dass Bedenken zunehmend ausgeräumt werden konnten. Während im April nur rund 14% der Aussage zustimmten, dass die App Personendaten hinreichend schützt, waren es Ende Juni 17%, im Oktober sogar 22% Zustimmung (vs. 27% trifft eher/gar nicht zu). Auffallend ist jedoch, dass zu dem Thema auch im Oktober rund ein Drittel keine Meinung abgeben konnte (35% weiß nicht), sich viele also über Datenschutzfragen (siehe dazu auch Corona-Blog 81) weiterhin im Unklaren sind bzw. sich keine Meinung dazu gebildet haben (siehe Abbildung 1).
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die österreichische Bevölkerung immer noch nicht vollends davon überzeugt ist, dass diese App ihre Daten hinreichend sichert.
Für oder wider verpflichtende Nutzung?
Auch stellt sich für eine effektive Eindämmung und Wirkung dieses Instruments die praktisch-politische Frage, ob die Nutzung einer App letztlich verpflichtend sein sollte. Die Ergebnisse legen nahe, dass erst zum Oktober hin die Zustimmung einer verpflichtenden Nutzung der App gewachsen ist (17% trifft voll und ganz/eher zu vs. 11% im April und Juni). Damit bleibt jedoch weiter eine überwiegende Mehrheit davon überzeugt, dass es keine verpflichtende Nutzung dieser App gebe sollte (gesamt 59% Ablehnung, 8% weiß nicht; siehe Abbildung 1).
Julian Aichholzer ist Universitätsassistent (Post-Doc) am Institut für Staatswissenschaft der Universität Wien und mit dem Austrian Corona Panel Project, der Austrian National Election Study sowie dem Forschungsverbund Interdisziplinäre Werteforschung assoziert.
Fabian Kalleitner ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Wirtschaftssoziologie der Universität Wien. Aktuell forscht er zu Themen wie Steuerpräferenzen, Steuerwissen, Wahrnehmungsmechanismen und Arbeitswerte.
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