Corona-Dynamiken - 06.11.2020 - PDF
Stetiger Rückgang der positiven Einschätzungen über die Entwicklung des Zusammenhaltes in der Krise
- Zu Beginn der Krise wurde die Entwicklung des gesellschaftlichen Zusammenhaltes in der österreichischen Bevölkerung überaus positiv beurteilt: 62 % der Befragten waren im März der Ansicht, der Zusammenhalt in der Gesellschaft habe sich in der letzten Woche erhöht.
- Diese außerordentlich positive Einschätzung sinkt seitdem mit jeder Erhebungswelle weiter.
- Aktuell nehmen nur noch 14 % der Befragten eine weitere Zunahme des gesellschaftlichen Zusammenhaltes wahr.
- Diese Entwicklung könnte sowohl eine Stagnation als auch eine Abnahme des Niveaus an Zusammenhalt bedeuten.
Von Noelle Lebernegg und Fabian Kalleitner
Seit Beginn der Krise werden vermehrt auch Stimmen laut, die die Pandemie nicht nur als Gefahr betrachten, sondern in ihr auch Chancen sehen - etwa für Nachhaltigkeit, für eine bessere Zukunft, oder für gesellschaftlichen Zusammenhalt. Und tatsächlich fiel die Wahrnehmung des gesellschaftlichen Zusammenhaltes zu Beginn der Krise in der österreichischen Bevölkerung äußerst positiv aus: Ende März waren 62 % der Befragten der Ansicht, dass sich der gesellschaftliche Zusammenhalt in der letzten Woche erhöht hatte (43 % “trifft eher zu”, 19 % sogar “trifft voll und ganz zu”), und weitere 30 % stimmten der Aussage zumindest teilweise zu. Weniger als eine*r von zehn Befragten stimmte dieser Aussage in der frühen Phase der Krise “eher nicht” (5 %) oder “gar nicht” (3 %) zu.
“Wie sehr trifft die folgende Aussage aus Ihrer Sicht zu: Der Zusammenhalt in der Gesellschaft hat sich in der letzten Woche erhöht.”
Diese anfänglich sehr positive Einschätzung der Entwicklung des gesellschaftlichen Zusammenhaltes legte sich jedoch rasch und sinkt mit jeder Erhebungswelle weiter. Die Zahlen vom Oktober zeigen, dass über die Hälfte (53 %) der Befragten keine Erhöhung des gesellschaftlichen Zusammenhaltes mehr sah.
Ob dies eine Abnahme des (gefühlten) gesellschaftlichen Zusammenhaltes oder womöglich eine Stagnation auf hohem Niveau bedeutet, bleibt offen. Angesichts der zunehmenden Polarisierung in der Bewertung der Corona-Maßnahmen (Corona-Dynamiken Nr. 7), scheint ersteres jedoch durchaus denkbar.
Noelle S. Lebernegg ist Universitätsassistentin (Prae-Doc) am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft sowie assoziierte Wissenschafterin im Vienna Center For Electoral Research (VieCER). Sie beschäftigt sich mit den Auswirkungen politischer Kommunikation und Medien auf die öffentliche Meinung und Wahlverhalten.
Fabian Kalleitner ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Wirtschaftssoziologie der Universität Wien. Aktuell forscht er zu Themen wie Steuerpräferenzen, Steuerwissen, Wahrnehmungsmechanismen und Arbeitswerte.
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