Corona-Dynamiken - 27.04.2021 - PDF
Finanzielles Auskommen & Altersgruppe – Unsicherheit & Stabilität
Von Thomas Resch und Bernhard Kittel
Die Schwere der Belastung durch die andauernde Pandemie wird zu einem beachtlichen Teil durch die materielle Betroffenheit beeinflusst. Für das Wohlbefinden entscheidend ist die subjektive Wahrnehmung des finanziellen Auskommens. Die Einschätzung des finanziellen Auskommens hängt dabei nicht ausschließlich von Wahrnehmung ab, sondern resultiert auch aus unterschiedlichen Fixkosten. Das finanzielle Auskommen unterscheidet sich stark nach Alter.
Personen über 65 verfügen in der Regel über ein stabiles Einkommen aus einer Pension. Es zeigt sich jedoch auch, dass in dieser Gruppe zwischen Mai 2020 und März 2021 der Anteil derjenigen leicht zunahm, die angaben, mit ihrem Einkommen nur schwer auszukommen. Von den Befragten im mittleren Alter zwischen etwa 30 und 65 kamen im Schnitt nur etwa 13 Prozent sehr gut zurecht. Zwar ist die persönliche Einschätzung des finanziellen Auskommens in dieser Gruppe im Zeitverlauf am stabilsten, sie weist aber mit etwa einem Fünftel der Befragten einen deutlich höheren Anteil von Personen auf, die mit finanziellen Schwierigkeiten konfrontiert sind, als jüngere oder ältere Menschen. Dies könnte mit höheren finanziellen Lasten, zum Beispiel durch schulpflichtige oder studierende Kinder oder Wohnungskredite, zusammenhängen. Für die Gruppe der unter 30-Jährigen ist eine höhere Schwankung des finanziellen Auskommens zu beobachten. Monat für Monat berichten zwischen 10 bis 20 Prozent der unter-30-Jährigen von finanziellen Schwierigkeiten. Dies könnte damit zusammenhängen, dass diese Befragten in stärkerem Ausmaß mit kurzfristiger und oft prekärer Beschäftigung konfrontiert sind.
Im Jahr 2018 wurde die Frage nach dem finanziellen Auskommen im European Social Survey mit vier Antwortoptionen (bequem leben / zurechtkommen / nur schwer zurechtkommen / nur sehr schwer zurechtkommen; Frage F42) gestellt. 13% der 18-30-Jährigen, 15% der 30-65-Jährigen und 14% der Über-65-Jährigen gaben damals an, nur schwer mit ihrem Einkommen auszukommen. Im Vergleich zu diesen Ergebnissen liegt der Anteil derjenigen, die im Verlauf der Pandemie Schwierigkeiten beim finanziellen Auskommen haben, bei den 18-30-Jährigen tendenziell leicht unter dem Referenzwert aus 2018, bei 30-65-Jährige deutlich über diesem Referenzwert und bei Über-65-Jährigen deutlich unter diesem Wert.
Die Krise äußert sich in der subjektiven Wahrnehmung des finanziellen Auskommens also in unterschiedlicher Weise. Während die Jüngeren stärker von Schwankungen betroffen sind, ist die mittlere Altersgruppe tendenziell eher mit kontinuierlich andauernden Sorgen um das Auskommen konfrontiert, die größer sind als vor der Pandemie. Ältere scheinen hingegen eher weniger finanzielle Sorgen zu haben.
Thomas Resch ist als Doktorand am Institut für Wirtschaftssoziologie der Universität Wien tätig. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Gerechtigkeitsforschung, Verteilungspräferenzen, Einstellungen gegenüber dem Wohlfahrtsstaat und international vergleichender Analyse von Wohlfahrtsstaaten.
Bernhard Kittel ist Universitätsprofessor am Institut für Wirtschaftssoziologie der Universität Wien. Er ist Leiter des Austrian Corona Panel Projects (ACPP). Seine Forschungsschwerpunkte sind Experimentelle Gerechtigkeitsforschung, Experimentelle Gremien- und Wahlforschung, Beschäftigungs- und Arbeitsmarktforschung sowie International vergleichende Analyse von Wohlfahrtsstaaten und Arbeitsbeziehungen.
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