Corona-Dynamiken - 21.11.2020 - PDF
Österreicher*innen unterschätzen erstmals deutlich die amtlichen Fallzahlen aktiver Infektionen
- Von März bis Oktober wurden die offiziell angegebenen Fallzahlen bei jeder Befragungswelle überschätzt. Im November allerdings unterschätzten die Befragten erstmals die offiziellen Angaben im Vergleich zu den amtlich bestätigten aktiv Infizierten (laut AGES).
- Die Befragten nahmen während des gesamten Befragungszeitraums an, dass die offziellen Zahlen die Anzahl der tatsächlich aktiven Infektionen in Österreich deutlich unterschätzen.
- Die durchschnittliche Einschätzung tatsächlicher Fallzahlen im November entsprach in etwa den amtlichen Zahlen laut AGES. Die Befragten gehen aber weiterhin von einem erheblichen Unterschied zwischen offiziellen und tatsächlichen Fallzahlen aus.
Von Markus Pollak
Am wahrgenommenen Höhepunkt der ersten Welle (11.4) schätzten die Befragten durchschnittlich, dass es in Österreich fast 36 000 aktive Corona-Infektionen gibt, während die offiziellen Angaben deutlich niedriger wahrgenommen wurden (14 400). Zu diesem Zeitpunkt wurden laut amtlichen Daten der Österreichischen Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) nur 6132 aktive Infektionen gemeldet - die Infektionszahlen der ersten Welle waren zu diesem Zeitpunkt schon deutlich rückläufig.
Die Österreicher*innen schätzen die tatsächlichen Zahlen im gesamten Befragungszeitraum deutlich höher ein als die offiziellen Angaben. Beide Schätzwerte übertrafen dabei bis zur Messung im November die amtlichen Zahlen der AGES deutlich. Mit dem Beginn der zweiten Welle verringerte sich der Abstand, bis schließlich bei der letzten Befragungswelle Mitte November die wahrgenommenen offiziellen Angaben (64 600) im Vergleich zu den amtlichen Daten der AGES (102 788) deutlich unterschätzt wurden.
Die Befragten gingen im November in ihren Schätzungen, wie in den bisherigen Befragungen, von einer großen Dunkelziffer zwischen den tatsächlichen Fallzahlen und den offiziell angegebenen Fallzahlen aus. Allerdings entsprach bei dieser Befragungswelle der Schätzungswert der tatsächlichen Infektionsfälle Mitte November (105 000) erstmals in etwa den amtlichen Daten der gemeldeten Infektionen laut AGES. Hinblicklich der unterschätzten offiziellen Zahlen lässt sich schließen, dass die Österreicher*innen die Zahl der aktiven Infektionen zunehmend falsch einschätzen. Eine solche Fehleinschätzung des Infektionsgeschehens könnte sich negativ auf das Gefahrenbewusstsein der Menschen in der Krise auswirken.
Markus Pollak arbeitet als Studienassistent am Institut für Wirtschaftssoziologie der Universität Wien und ist Teil des Teams des Austrian Corona Panel Project (ACPP). Er studiert im Master Politikwissenschaft.
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