24.07.2020
Rauchverhalten und Wahlpräferenz: Wen würden Raucher*innen wählen?
- Wähler*innen der FPÖ und des Team HC Strache rauchen häufiger und mehr als Anhänger*innen anderer Parteien.
- Beim Alkoholkonsum gibt es nur geringe Unterschiede zwischen den Wähler*innen verschiedener Parteien.
von Lena Maria Huber
Auch wenn bis dato noch zu wenige wissenschaftliche Daten und Studien für eine abschließende Beurteilung vorliegen, vermuten Ärzt*innen und Wissenschaftler*innen, dass Zigarettenkonsum das Risiko sich mit dem Coronavirus zu infizieren und an COVID-19 zu erkranken erhöht (Lamprecht, 2020). Es kann davon ausgegangen werden, dass Raucher*innen insgesamt anfälliger für Virusinfektionen sind, da Rauchen das Immunsystem schwächt. Auch die Gefahr, einen schweren Verlauf zu erleiden und an der Krankheit zu sterben, scheint bei Raucher*innen deutlich größer zu sein, da viele unter Vorschädigungen der Lunge und der Bronchien leiden (Soldt, 2020). Südafrika hat deswegen im März 2020 ein Verkaufsverbot für Tabakprodukte eingeführt, welches nach wie vor aufrecht ist (Kurier, 2020).
Im Gegensatz dazu waren in Österreich während der Phase des Lockdowns, neben anderen Einrichtungen der Grundversorgung, auch Trafiken durchgehend geöffnet. Darüber hinaus wurde in Österreich erst im November 2019 ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie eingeführt, welches von allen Parteien im Nationalrat - mit Ausnahme der FPÖ - beschlossen wurde. Dieses sollte ursprünglich bereits im Mai 2018 in Kraft treten, wurde dann aber auf Drängen der FPÖ von der damaligen türkis-blauen Bundesregierung gekippt.
Die FPÖ vertritt also seit Langem vehement die Interessen von Raucher*innen. Dies zeigte sich auch während der Corona-Krise als die Partei auf Facebook eine Aufhebung des Rauchverbots in der Gastronomie forderte, um Gastwirt*innen zu unterstützen (FPÖ, 2020). Obwohl die Haltung der Partei aus gesundheitspolitischer Sicht fragwürdig erscheint, könnte diese Forderung unter FPÖ-Anhänger*innen durchaus Anklang finden. Denn der Anteil von Raucher*innen ist unter FPÖ-Wähler*innen deutlich größer als bei jeder anderen im Nationalrat vertretenen Partei (siehe auch Standard-Blogpost von Laurenz Ennser-Jedenastik, 2017).
Konkurrenz bekommt die FPÖ von Seiten des Teams HC Strache – Allianz für Österreich (HC). Auch die im Dezember 2019 neu gegründete Partei lehnt das generelle Raucherverbot in der Gastronomie ab und versucht aktiv die Gruppe der Raucher*innen anzusprechen.
Abbildung 1 zeigt anhand aktueller Daten aus dem Austrian Corona Panel Project (Welle 12) das Rauchverhalten von Anhänger*innen verschiedener Parteien. Daraus wird ersichtlich, dass mehr als 40 Prozent der FPÖ-Wähler*innen täglich rauchen. Nur Anhänger*innen des Team HC Strache rauchen noch häufiger; hier liegt der Raucher*innen-Anteil bei über 50 Prozent. Allerdings ist die Anzahl der Team HC Strache-Anhhänger*innen in unserer Umfrage sehr gering (N=44), weshalb die Werte für diese Gruppe relativ unsicher sind. Bei allen anderen Parteien liegt der Anteil der Raucher*innen deutlich unter 30 Prozent, bei den Grünen sogar bei unter 15 Prozent.
Außerdem wird ersichtlich, dass mehr als 30 Prozent der Anhänger*innen von FPÖ und Team HC Strache angeben, mehr als 11 Zigaretten pro Tag zu rauchen. Im Vergleich dazu liegt der Anteil an starken Raucher*innen für Anhänger*innen aller anderen Parteien bei unter 20 Prozent.
Es kann also festgehalten werden, dass Wähler*innen von FPÖ und Team HC Strache nicht nur häufiger, sondern auch mehr rauchen als Anhänger*innen anderer Parteien. Aus Sicht der beiden Parteien ist es deshalb durchaus rational sich raucher*innenfreundlich zu positionieren und diese Gruppe in ihrer Kommunikation auch aktiv anzusprechen.
Der Zusammenhang zwischen Rauchverhalten und Parteipräferenz lässt sich jedoch nicht mit Alkoholkonsum replizieren. Hier gibt es keine größeren Unterschiede zwischen Anhänger*innen verschiedener Parteien: Der Anteil der Befragten, die mehr als 4 alkoholische Getränke pro Woche konsumieren, liegt über alle Parteien hinweg bei unter 30 Prozent (siehe Abbildung 2). Einzig fällt auf, dass bei Anhänger*innen des Team HC Strache der Anteil an Personen, die angeben nie Alkohol zu konsumieren, relativ hoch zu sein scheint. Auch hier könnte dies aber an der geringen Anzahl von Team HC Strache-Anhänger*innen in unserer Umfrage liegen, wodurch Ausreißer ein größeres Gewicht erhalten.
Insgesamt zeigt dieser kurze Beitrag, dass ein Zusammenhang zwischen Rauchverhalten und Parteipräferenz für die FPÖ bzw. das Team HC Strache besteht. In Zukunft könnte es also zwischen den beiden Parteien eine größere Konkurrenz um die Gruppe der Raucher*innen geben.
Lena Maria Huber ist Universitätsassistentin (prae-doc) am Institut für Staatswissenschaft und Doktorandin (Dissertationsgebiet Politikwissenschaft) an der Universität Wien. Sie ist Teil des Teams der Österreichischen Nationalen Wahlstudie (AUTNES, Supply Side)
Literaturverzeichnis
Ennser-Jedenastik, L. (12. Dezember 2017). Rauchverbot: Blauer Dunst, blaue Wähler? Der Standard: Standardabweichung. www.derstandard.at/story/2000070065723/rauchverbot-blauer-dunst-blaue-waehler
FPÖ [fpoe]. (20. Juni 2020). Es muss die freie Entscheidung der Wirte sein, in ihren Lokalen das Rauchen zu erlauben oder nicht. [...]. Facebook. www.facebook.com/fpoe/posts/1696434213831174
Kurier. (29. Juni 2020). Raucher auf Barrikaden: Südafrika verbietet seit drei Monaten Tabak. kurier.at/chronik/welt/raucher-auf-barrikaden-suedafrika-verbietet-seit-drei-monaten-tabak/400955474
Lamprecht, B. (27. Mai 2020). Rauchen in Zeiten von Corona. Österreichische Gesellschaft für Pneumologie. www.ogp.at/rauchen-in-zeiten-von-corona/
Soldt, R. (20. April 2020). Mediziner warnen Raucher vor Erkrankung mit Covid-19. Frankfurter Allgemeine Zeitung. www.faz.net/aktuell/gesellschaft/gesundheit/coronavirus/corona-und-rauchen-hoeheres-risiko-fuer-raucher-zu-erkranken-16733573.html
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