28.05.2020

Wie gut gelingt Homeschooling in der Corona-Krise?

  • Eltern mit Kindern von 6 bis 14 Jahren wenden durchschnittlich etwa zwei Stunden pro Tag für Homeschooling auf.
  • Homeschooling gelingt in rund der Hälfte der Familien sehr gut oder gut; Schwierigkeiten haben insbesondere alleinerziehende Mütter und Befragte mit maximal Lehrabschluss.
  • Hauptgründe für Probleme beim Homeschooling sind eine mangelnde technische Ausstattung sowie das Fehlen eines Ortes, an dem ungestörtes Arbeiten möglich ist.

Von Caroline Berghammer

Aufgrund der Corona-Krise waren in Österreich zwei Monate lang (16. März bis 17. Mai 2020) die Schulen geschlossen; der Unterricht wurde auf Homeschooling umgestellt. Dies erforderte praktische, technische, und zum Teil auch inhaltliche Ressourcen in den Familien. Zeitlich fiel dies mit der Reduktion der Erwerbsarbeitszeit vieler Eltern und der vermehrten Nutzung von Homeoffice zusammen, was für manche größere Flexibilität hinsichtlich der Lage der Arbeitszeiten (abends, am Wochenende) mit sich brachte. Gleichzeitig entstanden dadurch auch besonders schwierige Herausforderungen: Eltern waren nun gefordert zusätzlich zu Erwerbsarbeit, Hausarbeit und Kinderbetreuung, und Sorge um und für das Familieneinkommen Zeit für die Unterstützung ihrer Kinder bei den Arbeitsaufgaben einzuplanen. Wie viele Stunden sie dafür aufwendeten und wie gut Homeschooling aus Sicht der Eltern gelang, steht im Mittelpunkt dieses Beitrags. Befragt wurden die Eltern dazu in der ersten Maiwoche (1. bis 6. Mai 2020). Für eine Studie der Universität Wien zu Homeschooling aus Sicht der Schüler*innen siehe hier.

Die Ergebnisse zeigen, dass Eltern mit Kindern im Alter von 6 bis 14 Jahren durchschnittlich rund zwei Stunden pro Tag mit Homeschooling verbringen (für Details siehe Anmerkung 1). Mütter investieren dabei mehr Zeit als Väter und sind auch häufiger ohne Unterstützung des anderen Elternteils für das Lernen mit den Kindern zuständig. Mütter in einer Partnerschaft wenden dabei durchschnittlich pro Tag 2 h 25 min für Homeschooling auf. Alleinerziehende Mütter, für die die Vereinbarkeit von Beruf und Kindern insbesondere in der Corona-Krise schwierig zu bewältigen ist, kommen auf rund eine halbe Stunde weniger (1 h 50 min). Die Auswertungen auf Paarebene zeigen, dass in 40% der Familien die Mutter mehr Zeit investiert, in 37% beide Elternteile in etwa gleich viel und in 24% der Vater mehr. Die Angaben über den Zeitaufwand des Partners bzw. der Partnerin beruhen auf Auskünften der/des Befragten. Dass die Abschätzung des Zeitaufwands für gewisse Tätigkeiten generell schwierig ist, zeigt sich darin, dass Mütter die Zeit, die ihre Partner für Homeschooling aufwenden, als geringer einschätzen als die Väter selbst (dies gilt auch umgekehrt). Dies deckt sich mit den Ergebnissen einer anderen österreichischen Studie, dass Mütter eher angeben, alleine für die Unterstützung bei den Hausaufgaben zuständig zu sein, während Väter die Aufteilung häufiger als ausgeglichen erachten (Buber 2009: S. 18-19). Trotz dieser Ungenauigkeiten legen die Ergebnisse nahe, dass viele Väter ihren Kindern beim Lernen helfen, insbesondere jene, die aufgrund von Kurzarbeit oder Homeoffice öfter zu Hause präsent sind.

 Eltern von Volksschulkindern (Grundschulkindern, 6-10 Jahre alt) sind in zeitlicher Hinsicht stärker gefordert als jene, deren jüngstes Kind die Unterstufe (11-14 Jahre alt) besucht (2 h 25 min pro Tag versus 1 h 49 min). Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass in rund einem Fünftel (17%) der Familien mit Kindern im Unterstufenalter diese bereits alleine lernen. Zudem liegt der zeitliche Aufwand für das Homeschooling für Eltern mit zwei oder mehr Kindern natürlich meist höher als für jene mit einem Kind.

Wie konfliktbehaftet ist Homeschooling und wie gut oder schlecht funktioniert es aus Sicht der Eltern? Seit Beginn der Corona-Krise traten in vielen Familien insgesamt mehr Konflikte auf. Diese betreffen zum Beispiel Konflikte zwischen den Eltern über Hausarbeit und Kinderbetreuung oder Konflikte rund um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Wie die Ergebnisse des Corona Panel-Projektes zeigen, kann auch Homeschooling die Konflikthäufigkeit in Familien erhöhen: 32% geraten zumindest mehrmals die Woche mit ihren Kindern darüber in Streit, 48% an manchen Tagen und 20% nie (für Details siehe Anmerkung 2).

Insgesamt läuft Homeschooling für etwas mehr als der Hälfte (53%) der Eltern sehr gut oder gut. Väter und Mütter beurteilen das Gelingen von Homeschooling dabei generell ähnlich (siehe Abbildung 1). Für zwei Drittel der alleinerziehenden Mütter jedoch ist Homeschooling (teilweise) mit Schwierigkeiten verbunden: 29% gelingt es nach eigenen Angaben (sehr) schlecht die Kinder beim Lernen zu unterstützen, 34% gelingt es nur teilweise. Erfahrung mit Homeschooling unterscheidet sich auch nach dem Bildungsstand des befragten Elternteils: 46% der Befragten mit maximal Lehrabschluss geben an, dass Homeschooling (sehr) gut funktioniert, während dies bei 67% der Befragten mit Matura oder Hochschulabschluss der Fall ist. Diese Ergebnisse lassen darauf schließen, dass Kindern aus bildungsferneren Familien Nachteile aufgrund von Homeschooling erwachsen. Zum Teil sind die Schwierigkeiten von alleinerziehenden Müttern und Befragten mit maximal Lehrabschluss durch ihre schlechtere technische Ausstattung (Vorhandensein von z. B. Laptop, Drucker) bzw. die mangelnde Verfügbarkeit eines ungestörten Arbeitsplatzes für die Kinder bedingt. Wie aus Abbildung 1 ersichtlich, sind beides wichtige Faktoren dafür, ob Homeschooling gelingt oder nicht. Auch nach Anzahl der Kinder und dem Alter des jüngsten Kindes bestehen Unterschiede hinsichtlich Homeschooling: Mit mehr als einem Schulkind kann es herausfordernd sein, Arbeitsplätze und Ausstattung (u. a. die abwechselnde Nutzung eines Laptops) zu koordinieren, insbesondere in Haushalten mit beengten Wohnverhältnissen und einem Mangel an technischen Geräten. Eltern von Volksschulkindern berichten häufiger, dass Homeschooling (sehr) gut funktioniert als Eltern von Kindern in der Unterstufe. Mögliche Gründe dafür sind der weniger komplexe Lernstoff bzw. die einfachere (Online-)Organisation dadurch, dass in der Volksschule ein*e Lehrer*in den Großteil der Fächer unterrichtet.

Zusammenfassend zeigen unsere Ergebnisse, dass Homeschooling eine hohe zeitliche Belastung für Eltern darstellt: im Durchschnitt unterstützen sie ihre Kinder rund zwei Stunden pro Tag beim Lernen. In manchen Familien – insbesondere mit Volkschulkindern und mehr Kinder – kann der Zeitaufwand noch deutlich höher liegen. Mütter sind besonders stark belastet: Sie wenden im Durchschnitt mehr Zeit für Homeschooling auf als Väter. Gleichzeitig gibt es viele Familien, in denen die Aufgabenteilung ausgeglichen ist oder Väter sogar mehr Zeit investieren. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie in Kurzarbeit oder im Homeoffice sind. Beim Homeschooling spielen die innerhalb der Familie vorhandenen Ressourcen – u. a. Bildung der Eltern, Wohnungsgröße, technische Ausstattung – eine weitaus größere Rolle für den Lernerfolg der Kinder als im Präsenzbetrieb, wo alle Schüler*innen den gleichen Zugang zu Ressourcen haben. Daher haben sich, wie auch unsere Ergebnisse unterstreichen, in der Corona-Krise Ungleichheiten zwischen Familien mit unterschiedlichem sozioökonomischen Status noch verstärkt.

Abbildung 1: Kinder beim Lernen zu unterstützen gelingt gut oder schlecht (in Prozent)

Fragetext: „Wie gut oder schlecht gelingt es alles in allem, Ihr(e) Kind(er) beim Lernen zu unterstützen? Sehr gut; gut; teils/teils; schlecht; sehr schlecht.“ Verteilung insgesamt: 20% sehr gut; 33% gut; 34% teils/teils; 8% schlecht; 4% sehr schlecht (=99% aufgrund von Rundung).
Fragetext ungestörter Platz und erforderliche Ausstattung: „Inwieweit treffen die folgenden Aussagen auf Ihr Leben im Haushalt derzeit zu? (1) Trifft voll und ganz zu; (2) trifft eher zu; (3) teils/teils; (4) trifft eher nicht zu; (5) trifft gar nicht zu. (Kategorisierung: (1) und (2) = ja; (3) bis (5) = nein)

– Für ihre Hausaufgaben haben die Kinder einen Platz, an dem sie ungestört sind. (Ja: 71%, nein: 29%.

– Wir haben die erforderliche technische Ausstattung (z. B. Laptops, Drucker), damit die Kinder ihre Hausaufgaben gut erledigen können. (Ja: 74%, nein: 26%.)

Quelle: Austrian Corona Panel Data; Welle 6; gewichtete Daten, n=230 (Befragte mit Kindern von 6 bis 14 Jahre im Haushalt).


Caroline Berghammer ist Assistenzprofessorin am Institut für Soziologie der Universität Wien und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Vienna Institute of Demography der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Sie forscht zu Familie, Fertilität und sozialer Ungleichheit.


Anmerkungen

Anmerkung 1:
Fragetext: „Wie viel Zeit wenden Sie auf, um Ihr(e) Kind(er) pro Tag beim Lernen zu unterstützen? Wenn Sie mehr als ein Schulkind haben, geben Sie bitte die Zeit an, die Sie für alle Ihre Schulkinder insgesamt zur Lernunterstützung aufwenden. Mehr als 4 Stunden; zwischen 3 und 4 Stunden; zwischen 2 und 3 Stunden; zwischen 1 und 2 Stunden; weniger als 1 Stunde; mein Kind lernt/meine Kinder lernen alleine; ich unterstütze mein(e) Kind(er) nicht beim Lernen.“ Zur Berechnung der im Text angegebenen Mittelwerte wurde die Klassenmitte verwendet, d. h. 4,5 Stunden; 3,5; 2,5; 1,5; 0,5; 0; 0.

Analoge Fragestellung für Partner*in: „Wie viel Zeit wendet Ihr(e) Partner(in) auf, um Ihr(e) Kind(er) pro Tag beim Lernen zu unterstützen?“

Anmerkung 2:
Fragetext: „Wie oft kommt es beim Lernen zu Konflikten mit dem Kind/den Kindern? Nie; an manchen Tagen; mehrmals die Woche; beinahe jeden Tag; täglich.“