11.05.2020
Urlaub in Österreich?
- Die diesjährige Urlaubsplanung ist für die meisten Befragten von großer Unsicherheit geprägt. Drei von vier Befragten sehen derzeit einen sehr schlechten oder eher schlechten Zeitpunkt, ihren Urlaub zu planen.
- Knapp die Hälfte der Befragten (46,5%) wollen in den Sommermonaten Juli, August bzw. September einen Erholungsurlaub verbringen. Jede*r Fünfte plant dies erst für das nächste Kalenderjahr.
- Etwas mehr als die Hälfte der Befragten (51,6%) würde ihren nächsten Urlaub in Österreich verbringen. Kärnten (18,0%) und die Steiermark (16,9%) sind dabei die beliebtesten österreichischen Urlaubsdestinationen.
- Es ist kaum zu erwarten, dass heimische Tourist*innen den zu erwartenden Nachfrageausfall von ausländischen Gästen völlig auffangen werden.
- Die meist genannte Urlaubsart ist der Bade- und Strandurlaub (34,2%), gefolgt vom Wander- (25,8%) und Städteurlaub (19,3%).
Von Paul Pichler, Philipp Schmidt-Dengler und Christine Zulehner
Der Tourismus ist in Österreich, wie auch in anderen Ländern, stark von der Corona-Krise betroffen. Obwohl die Öffnung von heimischen Hotels und anderen Beherbergungsbetrieben von der Bundesregierung bereits für Ende Mai in Aussicht gestellt wurde, ist deren Auslastung aufgrund zahlreicher internationaler Reisebeschränkungen und der Ungewissheit, wann diese aufgehoben werden, unsicher. Es ist jedenfalls davon auszugehen, dass viele ausländische Gäste in den kommenden Monaten ausbleiben werden, wodurch dem heimischen Tourismus ein schwerer wirtschaftlicher Schaden zugefügt würde.
In Österreich leistet der Tourismus einen wesentlichen Beitrag zur Wertschöpfung. Im Jahr 2018 betrug dieser mehr als 32 Milliarden Euro bzw. 8,4% des Bruttoinlandsprodukts (direkte und indirekte Effekte; ohne Dienst- und Geschäftsreisen).[1] Deutsche Urlaubsgäste sind hierfür von besonderer Bedeutung: Von Mai bis Oktober 2019 sorgten sie für 37,4% der Nächtigungen in österreichischen Beherbergungsbetrieben. Auf andere ausländische Gäste entfielen 33,1% (davon Niederlande mit 5%, Schweiz und Liechtenstein 3,4% und Italien 2,2%) und auf einheimische Gäste 29,5% der Nächtigungen.[2] Zieht man diese Zahlen heran, könnte selbst ein größerer Anteil inländischer Gäste den für dieses Jahr zu erwartenden Nachfrageausfall von ausländischen Gästen nicht vollständig kompensieren.
Aus dieser Perspektive untersuchen wir in diesem Blog-Beitrag, ob die Befragten derzeit einen Urlaub planen und, falls ja, welche Art von Urlaub wann ins Auge gefasst wird. Im Rahmen des Austrian Corona Panels wurden zwischen 1. und 6. Mai insgesamt 1.500 Personen – repräsentativ für die österreichische Bevölkerung (ab 14 Jahre) – dazu online befragt.
Abbildung 1 zeigt die derzeit bestehende Unsicherheit der österreichischen Bevölkerung bei der Planung ihres Urlaubs. Da es ist (noch) nicht klar ist, wann die Reisebeschränkungen wieder aufgehoben werden, sehen die meisten Befragten derzeit einen sehr schlechten (37,8%) oder eher schlechten (35,9%) Zeitpunkt, einen Urlaub zu planen. Nur 5,6% der Befragten sehen jetzt einen eher guten oder sehr guten Zeitpunkt, 16% sind unentschieden und 4,8% machten keine Angabe.
Abbildung 2 zeigt eine Auswertung nach Einkommensgruppen. Wie erwartet, ist die Unsicherheit hinsichtlich Urlaubsplanung bei höheren Einkommensgruppen (Haushaltseinkommen ab 2700€) geringer. Nahezu die Hälfte der Personen (46%) mit sehr geringen Einkommen (Haushaltseinkommen unter 1500€) sehen einen sehr schlechten Zeitpunkt. Allerdings ist dies auch für 35,2% der Personen mit sehr hohen Einkommen (Haushaltseinkommen ab 4300€) der Fall.
Auf die Frage, wann die Befragten ihren nächsten Urlaub beginnen würden, antworten 13,3% „im Juli 2020“, 19,2% „im August 2020“ und 14,2% „im September 2020“ (siehe Abbildung 3). Das ist knapp der Hälfte (46,5%) der Befragten. Jedoch wollen auch knapp 20% der Befragten ihren Urlaub erst im nächsten Jahr beginnen.
Abbildung 4 zeigt die Antworten auf die Frage, in welchem Land die Befragten ihren nächsten Urlaub verbringen möchten. 51,6% nennen Österreich als Reiseziel, dies entspricht ziemlich genau den Reisegewohnheiten vor dem Ausbruch der Corona Krise. Im Jahr 2018 führten 50,7% der Urlaubsreisen mit mindestens einer Übernachtung von in Österreich wohnhaften Personen ins Inland. [3] Bei Urlaubsreisen mit mindestens vier Übernachtungen waren es 32%.[4] Vor diesem Hintergrund kann nur dann erwartet werden, dass österreichische Gäste den ausländischen Nachfrageausfall im heimischen Tourismus abfedern oder gar auffangen werden, wenn insbesondere die längeren Urlaubsreisen in Österreich verbracht werden.
Falls es ins Ausland gehen sollte, dann sind die beliebtesten ausländischen Reiseziele der Österreicher*innen Kroatien (13,2%), Italien (10,1%), Griechenland (6,9%), Deutschland (5,0%) und Spanien (5,0%). Hier lässt sich eine Verschiebung der Reiseziele im Vergleich zu den Vorjahren erkennen. Noch im Jänner 2020 führte Italien die Liste der beliebtesten Reiseziele laut einer Onlinebefragung von Marketagent für den Ruefa Reisekompass 2020 an.[5] Im Jahr 2018 war laut Statistik Austria Italien ebenso die bei Österreicher*innen beliebteste Auslandsdestination (20,7% der Auslandsreisen mit mindestens 4 Nächtigungen), gefolgt von Kroatien (15,1%), Deutschland (9,1%), Spanien (7,4%) und Griechenland (5,7%).[6]
Unter den österreichischen Reisedestinationen ist, wie Abbildung 5 zeigt, Kärnten mit 18,0% das meistgenannte Ziel, gefolgt von der Steiermark (16,9%). Dann folgen mit 11,2% Salzburg sowie mit 7,9% bzw. 6,9% Tirol und Oberösterreich. Diese Reihung ähnelt sehr stark der Reihenfolge der beliebtesten Urlaubs-Bundesländer der österreichischen Bevölkerung im Sommer 2019. Damals war das beliebteste Bundesland die Steiermark (19,1%), gefolgt von Kärnten (16,7%), Salzburg (13,8%), Niederösterreich (12,6%), Oberösterreich (12,0%) und Tirol (10,0%).[7] Dass Kärnten die Steiermark überholt hat, könnte mit der relativ geringen Anzahl an Corona-Fällen zusammenhängen oder aber der größeren Anzahl von Badeseen (vgl. Abbildung 6) im südlichen Bundesland. Dies kann jedoch auf Basis unserer Untersuchung nicht abschließend geklärt werden.
Auf die Frage nach der Art des nächsten Urlaubs geben, wie in Abbildung 6 dargestellt, 34,2% der Befragten einen Strand- und Badeurlaub an, gefolgt von Wandern, Radfahren und Bergsteigen (25,8%) sowie Kultur, Besichtigung und Städteurlaub (19,3%).
Schlussfolgerungen
Die Auswertung des Austrian Corona Panels zeigt eine große Unsicherheit bezüglich der diesjährigen Urlaubsplanung der Bevölkerung in Österreich. Denn obwohl knapp die Hälfte (46,5%) der Befragten ihren nächsten Urlaub in diesem Sommer beginnen und mehr als die Hälfte (51,6%) ihren nächsten Urlaub in Österreich verbringen will, sehen knapp drei Viertel der Befragten derzeit einen sehr oder eher schlechten Zeitpunkt, um ihren Urlaub zu planen. Um die wirtschaftliche Situation der heimischen Tourismusbranche zu stärken, wäre es aus volkswirtschaftlicher Sicht wünschenswert, wenn heimische Tourist*innen einen (möglichst großen) Anteil des zu erwartenden ausländischen Nachfrageausfalls auffangen würden. Unsere Ergebnisse zeigen jedoch, dass dies nicht unbedingt der Fall sein dürfte. Nur die Hälfte der Befragten gibt an, den nächsten Urlaub in Österreich verbringen zu wollen. Somit ergibt sich keine relevante Steigerung des inländischen Tourismus im Vergleich zu den vergangenen Jahren, außer die längeren Urlaubsreisen werden in Österreich verbracht.
Anmerkungen:
[1] Quelle: Statistik Austria, Tourismus-Satellitenkonto Wertschöpfung.
[2] Quelle: Statistik Austria Pressemitteilung 12.235-075/20 vom 06.05.2020 „Deutsche und einheimische Gäste prägen zwei Drittel des Sommertourismus in Österreich“.
[3] Siehe www.statistik.at/web_de/statistiken/wirtschaft/tourismus/reisegewohnheiten/index.html.
[4] Siehe Statistik Austria, „Reisegewohnheiten der österreichischen Bevölkerung von 1990 bis 2018“.
[5] Quelle: www.sn.at/wirtschaft/oesterreich/wo-die-oesterreicher-am-liebsten-urlaub-machen-82087456 © Salzburger Nachrichten VerlagsgesmbH & Co KG 2020.
[6] Siehe Statistik Austria, „Reisegewohnheiten der österreichischen Bevölkerung von 1990 bis 2018“.
[7] Siehe Statistik Austria Pressemitteilung 12.235-075/20 vom 06.05.2020 „Deutsche und einheimische Gäste prägen zwei Drittel des Sommertourismus in Österreich“.
Paul Pichler ist assoziierter Professor am Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität Wien.
Philipp Schmidt-Dengler ist Professor am Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität Wien.
Christine Zulehner ist Professorin am Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität Wien.