05.11.2021 - PDF

Impfbereitschaft und Einstellungen zu Corona-Maßnahmen

  • Die Impfbereitschaft in Österreich stagniert. Im Oktober 2021 waren rund 75 Prozent der Befragten bereits geimpft, 1 Prozent impfbereit, 9 Prozent zögerlich oder unentschlossen und 14 Prozent nicht impfbereit.
  • Die Unterstützung für Impfpflichten hat in den letzten Monaten zugenommen. Im Oktober 2021 befürworten 40 Prozent eine allgemeine Impfpflicht, 58 Prozent sind für eine berufsgruppenspezifische Impfpflicht in Bereichen, wo ein hohes Ansteckungsrisiko besteht.
  • 3G am Arbeitsplatz solle gelten, meinen rund 59 Prozent der Befragten. 58 Prozent befürworten 2G bei Veranstaltungen, 51 Prozent sind für 2G in der Gastronomie.
  • Es besteht eine hohe Bereitschaft für Auffrischungs-, Booster-, oder Drittimpfungen: 74 Prozent der bereits Geimpften geben an, sich ehestmöglich wieder impfen zu lassen, sobald eine entsprechende Empfehlung für sie vorliegt.

Von Jakob-Moritz Eberl, Julia Partheymüller und Katharina T. Paul

Die Impfquote in Österreich stagniert, die Infektionszahlen steigen. Angesichts dessen sind sogenannte nicht-pharmazeutische Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung zuletzt wieder stärker in den Fokus gerückt.  Insbesondere gilt seit 1. November 2021 die 3G-Regel am Arbeitsplatz – eine Regelung, von der sich manche erhoffen, dass dadurch auch noch einige Personen zum Impfen bewegt werden können. Zudem machen einige Bundesländer, darunter die Stadt Wien, die dritte Impfung für alle zugänglich, die bereits vor mindestens 6 Monaten geimpft wurden, um den Schutz der bereits Geimpften aufrechtzuerhalten und zu erhöhen. Vor diesem Hintergrund beleuchten wir im vorliegenden Beitrag, die neuesten Ergebnisse zur Impfbereitschaft, der Einstellungen zu impfpolitischen sowie nicht-pharamzeutischen Corona-Maßnahmen sowie die Bereitschaft zu Auffrischungs-, Booster-, oder Drittimpfungen.

Impfbereitschaft stagniert

Abbildung 1: Entwicklung der Impfbereitschaft im Zeitverlauf (Daten: ACPP, N=ca. 1.500 Befragte pro Erhebung, Grundgesamtheit: Wohnbevölkerung ab 14 Jahren)

Abbildung 1 zeigt die Impfbereitschaft im Zeitverlauf. Wir unterscheiden, wie bereits in früheren Beiträgen, zwischen 4 Gruppen[1]: Geimpften, die bereits mindestens eine Impfung erhalten haben (im Oktober 2021 ca. 75 Prozent), Impfbereiten, die sich ehestmöglich impfen lassen wollen (ca. 1 Prozent), Zögerlichen und Unentschlossenen, die noch abwarten oder nicht wissen, ob sie sich impfen lassen möchten (ca. 9 Prozent), sowie nicht-impfbereiten Personen, die sich auf absehbare Zeit nicht impfen lassen möchten (ca. 14 Prozent). Für die Gruppe der  nicht-impfbereiten Personen zeigen sich insgesamt eher nur geringfügige Veränderunge in den letzten Monaten, bei denen es sich in Anbetracht der Stichprobengröße auch um zufällige Schwankungen handeln könnte. Zusammengenommen sind rund 10 Prozent - Impfbereite und Zögerliche/Unentschlossene - für Impfungen eher noch erreichbar. Insgesamt waren aber zuletzt kaum noch ungeimpfte Personen unmittelbar impfbereit.

Zustimmung zur Impfpflicht: Tendenz steigend

Abbildung 2: Einstellungen zu impfpolitischen Maßnahmen (Daten: ACPP, N=ca. 1.500 Befragte pro Erhebung, Grundgesamtheit: Wohnbevölkerung ab 14 Jahren)

Mit Blick auf die Einstellungen zu impfpolitischen Maßnahmen hat die Zustimmung für Impfpflichten in den letzten Monaten zugenommen. Eine allgemeine Impfpflicht befürworten (trifft eher/voll und ganz zu) im Oktober 2021 rund 40 Prozent der Befragten; 68 Prozent sind für eine berufsgruppenspezifische Impfpflicht in Bereichen, wo ein hohes Ansteckungsrisiko besteht. 85 Prozent befürworten weiterhin die kostenfreie Bereitstellung der Corona-Schutzimpfung.

Welche Corona-Maßnahmen derzeit gelten sollten

Abbildung 3 zeigt die Einstellungen zu einer Reihe unterschiedlicher nicht-pharmazeutischer Maßnahmen. Es zeigt sich, dass viele der Maßnahmen, die bereits in früheren Phasen der Pandemie schon einmal gegolten haben, derzeit deutlich abgelehnt werden. Eine Ausnahme ist die Maskenpflicht in Geschäften und öffentlichen Verkehrsmitteln, die von vielen unterstützt wird (71 Prozent). Eine mäßige Zustimmung findet zudem das Verbot von Veranstaltungen mit vielen Teilnehmer*innen, für das 50 Prozent der Befragten angeben, diese Maßnahme solle derzeit eher oder auf jeden Fall gelten. Ansonsten werden undifferenzierte Maßnahmen – also Maßnahmen, die für geimpfte, genesene und ungeimpfte Personen gleichermaßen gelten – überwiegend abgelehnt. Bei Maßnahmen, die zwischen geimpften, genesenen und ungeimpften Personen unterscheiden, zeigt sich Folgendes: 3G am Arbeitsplatz solle gelten, meinen rund 59 Prozent der Befragten. 58 befürworten 2G bei Veranstaltungen, 51 Prozent sind für 2G in der Gastronomie.

Abbildung 3: Einstellung zu nicht-pharamzeutischen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung (Daten: ACPP, 22.10.–29.10.2021, N=1.514, Grundgesamtheit: Wohnbevölkerung ab 14 Jahren)

Weiterhin Zurückhaltung bei der Kinderimpfung, aber hohe Bereitschaft für Auffrischungs-, Booster- beziehungsweise Drittimpfungen

Weiterhin besteht viel Zurückhaltung gegenüber der Impfung von Kindern (Abbildung 4, links). Wie bereits im September 2021 gaben im Oktober 2021 rund 30 Prozent der Personen mit Kindern unter 14 Jahre im Haushalt an, ihre Kinder ehestmöglich impfen zu lassen (trifft eher/voll und ganz zu). Rund 51 Prozent waren demgegenüber zurückhaltend (trifft eher nicht/gar nicht zu). Zu beachten ist, dass sich die Auswertung auf die Gruppe der Befragten bezieht, die mit Kindern bis 14 Jahren in einem gemeinsamen Haushalt leben und dass diese Gruppe (rund 300 Personen) deutlich kleiner ist als die Gesamtstichprobe, wodurch die Schätzungen grundsätzlich mit größerer Unsicherheit behaftet sind und vertiefende Analysen für diese Subgruppe schwer möglich sind.

Abbildung 4: Einstellungen zur Kinderimpfung und Auffrischungs-, Booster- beziehungsweise Drittimpfungen (Daten: ACPP, links: Personen mit Kindern bis 14 Jahre im Haushalt, N(Okt.)=284; rechts: geimpfte Personen, für die Auffrischungs-, Booster- beziehungsweise Drittimpfungen in Frage kommen (d.h. bereits 2 Impfdosen oder eine Impfdosis von Johnson & Johnson), N(Okt.)=1074).

Bereits geimpfte Personen zeigen demgegenüber eine hohe Bereitschaft für Auffrischungs-, Booster- beziehungsweise Drittimpfungen (Abbildung 4, rechts). Rund 74 Prozent der Befragten gaben an, sich ehestmöglich eine Auffrischungsimpfung holen zu wollen. Nur 6 Prozent gaben an, dass das gar nicht zutrifft. Die übrigen Befragten sind zögerlich oder unentschlossen in Hinblick auf weitere Impfungen. Gerade diese Gruppe könnte noch zusätzliche Information bzw. klare Empfehlungen zu Auffrischungs-, Booster- beziehungsweise Drittimpfungen benötigten.[2]

Fazit: Was kann noch getan werden?

Angesichts der sich erneut beschleunigenden Ausbreitung der Infektionen und der stagnierenden Impfquote stellt sich die Frage, welche Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie ergriffen werden können. Die 3G-Regel gilt bereits am Arbeitsplatz sowie in der Gastronomie. In diesen Bereichen könnte verstärkt auf eine effektive Umsetzung und Einhaltung der geltenden Regeln geachtet werden. Impfpflichten in Bereichen, wo eine hohe Ansteckungsgefahr besteht, scheinen zudem zunehmend befürwortet zu werden. Es stellt sich bei dieser Maßnahme die Frage der praktischen Umsetzung sowie der Gefahr, möglicherweise wichtiges Personal in kritischen Bereichen zu verlieren.

Vor- und Nachteile müssen also im Lichte der Pandemieentwicklung abgewogen werden. Unter den nicht-pharmazeutischen Maßnahmen findet vor allem das Verbot von Veranstaltungen mit vielen Teilnehmer*innen sowie die 2G-Regel im Bereich von Veranstaltungen und Gastronomie am ehesten Zuspruch. Diese Maßnahmen sind bereits im sogenannten Stufen-Plan vorgesehen und in manchen Bundesländern im Einsatz, könnten aber eventuell in ganz Österreich vorgezogen werden und müssten jedenfalls auch kontrolliert werden damit sie wirken können. Weiterhin sollte der Bereich Information und Aufklärung nicht vernachlässigt werden. Dies gilt insbesondere jenen Bereichen, wo es darum geht nächste absehbare Schritte vorzubereiten, wie zum Beispiel die Zulassung der Impfung für Kinder unter 12 Jahren sowie die Auffrischungsimpfungen. Es ist schlussendlich auch entsprechend klar zu kommunizieren, dass die Pandemie eben doch noch nicht vorbei ist. 


Jakob-Moritz Eberl ist seit April 2017 Projektmitarbeiter (Post-Doc) am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft und assoziierter Wissenschafter im Vienna Center for Electoral Research (VieCER) und beschäftigt sich unter anderem mit Fragen zu Medienwirkung, Medienvertrauen und Wahlverhalten.

Julia Partheymüller arbeitet als Senior Scientist am Institut für Staatswissenschaft der Universität Wien. Sie ist Mitglied des Vienna Center for Electoral Research (VieCER) und des Projektteams des Austrian Corona Panel Projects (ACPP) und der Austrian National Election Study (AUTNES).

Katharina T. Paul ist seit 2013 senior research fellow (Post-Doc) und Lektorin am Institut für Politikwissenschaft und seit 2019 Mitglied der Forschungsgruppe Zeitgenössische Solidaritätsstudien (CeSCoS). In ihrem FWF Elise Richter Projekt forscht sie zu vergleichender Gesundheitspolitik, insbesondere Impfpolitik.


 

Fußnoten

[1] Die Einteilung in die vier Gruppen in Abbildung 1 erfolgte auf Basis der Angaben zum Impfstatus (min. 1 Dosis erhalten) und zur Impfbereitschaft. Die Impfbereitschaft wurde dabei mit der Zustimmung zu der Aussage “Ich werde mich ehestmöglich impfen lassen” auf einer 5er-Skala (“trifft voll und ganz zu”, “trifft eher zu”, “teils-teils”, “trifft eher nicht zu”, “trifft überhaupt nicht zu”) gemessen (mit den Ausweichkategorien “weiß nicht” und “keine Angabe”). Zur Gruppe der Geimpften zählen alle, die bereits mindestens eine Erstimpfung erhalten haben. Als Impfbereite wurden jene zusammengefasst, die noch nicht geimpft waren, aber angaben sich ehestmöglich impfen lassen zu wollen (trifft voll und ganz zu, trifft eher zu). Zur Gruppe der Zögerlichen gehören jene, die noch nicht geimpft waren und die Kategorien “teils-teils”, “eher nicht”, “weiß nicht” oder “keine Angabe” auswählten. Als Nicht-Impfbereite bezeichnen wir jene, die noch nicht geimpft waren und auf die oben genannte Aussage mit “trifft überhaupt nicht zu” antworteten. Zu beachten ist, dass sich die Stichprobe auf die Wohnbevölkerung ab 14 Jahre bezieht.

[2] Am 02.11. sprach sich das nationale Impfgremium für eine Empfehlung der Auffrischungsimpfung für alle sechs Monate nach der Grundimmunisierung aus.