10.06.2021 - PDF

Der Grüne Pass: Mehrheit will ihn sich sofort besorgen, aber Ungewissheit in Sachen Datensicherheit

  • 56 Prozent der österreichischen Bevölkerung möchten sich den Grünen Pass besorgen, sobald er verfügbar ist. 
  • Bedenken bestehen allerdings in Sachen Datensicherheit: 34 Prozent der Befragten glauben eher oder gar nicht, dass ihre Daten beim Grünen Pass sicher sind. Weitere 14 Prozent trauen sich kein Urteil hinsichtlich Datensicherheit zu.
  • Bei der Einschränkung individueller Freiheiten durch den Grünen Pass zeigt sich ein gemischtes Meinungsbild: 51 Prozent möchten nicht, dass ein Zugang zur Gastronomie lediglich mittels Grünen Pass möglich sein soll. Ein noch größerer Anteil der Befragten (54 Prozent) würde es jedoch befürworten, die Einreise nach Österreich an den Grünen Pass zu knüpfen.

Von Felix Krejca, Julia Partheymüller und Sylvia Kritzinger

Österreich befindet sich derzeit im Prozess der Einführung des sogenannten “Grünen Passes” – ein Zertifikat, das Geimpften, Getesteten und Genesen wieder mehr gesellschaftliches Zusammenleben ermöglichen soll. Seit 19. Mai 2021 gilt im ersten Schritt zur Umsetzung dieses Plans bereits die 3G-Regel, derzufolge Geimpfte, Getestete und Genese mittels bestehenden Nachweisen bestimmte Bereiche wie die Gastronomie, Hotellerie, Kultur, Freizeit und Sport wieder nutzen können. Laut Gesundheitsministerium soll im Laufe des Juni 2021 ein neues Zertifikat mit QR-Code eingeführt werden, welches fortan als Nachweis gelten soll und auch elektronisch verfügbar sein wird. Ab Juli 2021 soll dieses Dokument (EU Digital COVID Certificates) dann auch europaweit gelten, um die Personenfreizügigkeit in der EU – immerhin eine der zentralen europäischen Grundfreiheiten – auch in Pandemiezeiten sicherzustellen.

Vor diesem Hintergrund untersucht der vorliegende Beitrag, wie die österreichische Bevölkerung der Einführung des Grünen Pass gegenübersteht. Dazu nutzen wir die ACPP-Daten aus der Befragung, die Ende Mai 2021 (21.-28.) kurz nach der Wiedereröffnung vieler gesellschaftlicher Bereiche durchgeführt wurde. Wir beleuchten dabei verschiedene Hoffnungen und Sorgen, die die Befragten mit der Einführung des Grünen Passes verbinden, ebenso wie grundsätzliche Einstellungen zu Rechten des Staates zur Begrenzung individueller Freiheiten.

Viele wollen sich den Grünen Pass sofort besorgen, aber Datensicherheit ungewiss

Abbildung 1 zeigt die Einstellungen zu verschiedenen Aspekten rund um den Grünen Pass. Eine Mehrheit der Befragten (56 Prozent) stimmt der Aussage zu, dass sie sich den Grünen Pass sofort besorgen werden, sobald dieser verfügbar ist (Summe aus 38%  “trifft voll und ganz zu” und 18% “trifft eher zu”). Ähnlich hoch sind die Zustimmungswerte zu den Aussagen, dass es gut sei, dass der Grüne Pass auch für Genesene (56 Prozent) und Getestete (50 Prozent) verfügbar sein wird. Dies deutet daraufhin, dass die Idee des Grünen Passes und die breite Inklusion von Geimpften als auch Genesenen und Getesteten von vielen durchaus positiv gesehen wird.

Abbildung 1: Einstellungen zum Grünen Pass (Daten: ACPP, Welle 23, 21.-28.5.2021, N=1.503; gewichtet)

Gleichzeitig zeigen sich bei anderen Aussagen auch Bedenken und Skepsis. Nur jeweils 42 Prozent der Befragten meinen, dass der Grüne Pass ein normales Leben ermöglicht oder dass es sich um eine effektive Maßnahme zur Eindämmung der Pandemie handelt. 43 Prozent der Befragten befürchten, dass der Grüne Pass eine Zwei-Klassen-Gesellschaft schafft. 34 Prozent glauben, dass ihre persönlichen Daten beim Grünen Pass nicht sicher sind und weitere 14 Prozent können die Datensicherheit beim Grünen Pass nicht abschätzen.

Ansichten zur Einschränkung persönlicher Freiheiten durch den Staat 

Abbildung 2: Einstellungen zur Einschränkung persönlicher Freiheiten durch den Staat in der Coronakrise (Daten: ACPP, Welle 23, 21.-28.5.2021, N=1.503; gewichtet)

 

Abbildung 2 zeigt die Einstellungen zur Einschränkung von Freiheitsrechten durch den Staat, einschließlich zweier möglicher Einschränkungen, die mit dem Grünen Pass verbunden sein könnten. Die Bevölkerung lehnt staatliche Überwachungsmaßnahmen stark ab. Beispielsweise sind 78 Prozent der Befragten der Meinung, dass der Staat in der Coronakrise nicht das Recht haben sollte, Informationen über Personen ohne deren Kenntnis zu sammeln. Ähnlich stark werden auch die Videoüberwachung an öffentlichen Orten (67 Prozent) und die Handyortung (72 Prozent) abgelehnt. Grundsätzlich werden also staatliche Überwachungsmaßnahmen sehr kritisch gesehen.

Allerdings zeigen die Daten auch, dass im Vergleich dazu Einschränkungen im Rahmen der Pandemiebekämpfung deutlich stärker befürwortet werden. So meinen viele Befragte, dass der Staat eher oder auf jeden Fall das Recht haben sollte, Unternehmen, wie z.B. Restaurants zu schließen (48 Prozent), Ausgangssperren zu verhängen (50 Prozent), die Nichteinhaltung von Maßnahmen zu bestrafen (51 Prozent), oder das verpflichtende Tragen eines Mund-Nasen-Schutz einzuführen (54 Prozent). Ähnlich hoch liegen die Zustimmungswerte in Hinblick auf mögliche Eintritts- und Einreisebeschränkungen in Verbindung mit dem noch neuen Grünen Pass. Allerdings zeigt sich hier in Bezug auf die einzelnen Maßnahmen durchaus auch ein etwas gemischtes Bild: 51 Prozent lehnen eine Beschränkung des Zugangs zur Gastronomie und zu körpernahen Dienstleistungen durch den Grünen Pass ab, jedoch befürworten gleichzeitig 54 Prozent das Recht zur Einreise nach Österreich an den Grünen Pass zu knüpfen.

Fazit

In der laufenden Debatte um die Einführung des Grünen Passes in Österreich und später auch auf europäischer Ebene wurden Ende Mai im Rahmen der ACPP-Befragung die Einstellungen der österreichischen Bevölkerung hinsichtlich des Grünen Passes abgefragt. Während ein Großteil der Befragten sich den grünen Pass sofort besorgen würde, ist die Hoffnung, dadurch wieder ein normales (altes) Leben führen zu können bei weniger Personen vorhanden. In der Tat führt die hinter dem Grünen Pass liegende 3G-Regel dazu, dass “spontane” Besuche von Gaststätten, Kulturveranstaltungen und körpernahen Dienstleistungen nicht genau wie vor der Pandemie durchgeführt werden können. Hervorzuheben ist, dass eine knappe Mehrheit der Bevölkerung es ablehnt, dass die Regierung Personen ohne Grünen Pass den Zugang zu genannten Orten verwehren kann. Gleichzeitig ist aber eine Mehrheit dafür die Einreise nach Österreich an den Grünen Pass zu knüpfen. Wie bei anderen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung (siehe z.B. Blog 81) begleiten die Einführung des Grünen Passes zudem auch Datenschutzbedenken. Hierbei muss allerdings angemerkt werden, dass zum Befragungszeitpunkt die genauen Spezifika des Grünen Passes noch nicht allumfassend bekannt waren. Wie sich die Einstellungen zum Grünen Pass in weiterer Folge also entwickeln werden, gilt es in fortlaufend zu erfassen. 


Felix Krejca ist Studienassistent bei VieCER im H2020 Projekt RECONNECT.

Julia Partheymüller arbeitet als Senior Scientist am Vienna Center for Electoral Research (VieCER) der Universität Wien und ist Mitglied des Projektteams der Austrian National Election Study (AUTNES).

Sylvia Kritzinger ist Professorin für Methoden in den Sozialwissenschaften am Institut für Staatswissenschaft der Universität Wien, eine der Projektleiter*innen der Austrian National Election Study (AUTNES) und stellvertretende Leiterin des Vienna Center for Electoral Research (VieCER).