Corona-Dynamiken - 05.07.2021 - PDF
Impfbereite beinahe alle geimpft, große Zurückhaltung bei Kinderimpfung
- Ende Juni haben beinahe alle der unmittelbar impfbereiten Personen bereits eine Erstimpfung erhalten. Die Impfbereitschaft nahm im Vergleich zum Vormonat nur geringfügig zu.
- Eine allgemeine Impfpflicht wird weiterhin überwiegend abgelehnt.
- Die Mehrheit der Personen mit minderjährigen Kindern im Haushalt steht einer baldigen Impfung von Kindern zurückhaltend gegenüber.
Von Jakob-Moritz Eberl, Julia Partheymüller und Katharina T. Paul
Anfang April hatte Bundeskanzler Sebastian Kurz versichert, dass bis Ende Juni 2021 alle impfwilligen Österreicher*innen eine Erstimpfung erhalten sollen. Anfang Juni kam dann die große Enttäuschung. Aufgrund erhöhter Impfbereitschaft, so die offizielle Erklärung, würde das Ziel nicht ganz erreicht werden können. Obwohl dieses eine Ziel nun also schon Anfang Juni als verfehlt eingestuft werden musste, brachte der Juni noch eine weitere Neuerung, die den Impfplan zusätzlich auf den Kopf stellen, Österreich aber dem langfristigen Ziel einer Durchimpfung der Bevölkerung um einige Schritte näher bringen würde: Die Impfung für Kinder ab 12 Jahren.
Nachdem wir die Haltung der österreichischen Bevölkerung gegenüber der Coronavirus-Schutzimpfung schon seit Anfang der Pandemie verfolgen, war das Austrian Corona Panel Project auch Ende Juni wieder im Feld und wir möchten daher u.a. überprüfen, wie sehr das ambitionierte Ziel der Impfung aller “Impfwilligen” bis Ende Juni denn tatsächlich verfehlt wurde. Außerdem wollen wir insbesondere einen ersten Einblick in die Einstellungen zur Impfung von Kindern liefern.
Abbildung 1 zeigt zunächst die Zustimmung zur Aussage “Ich werde mich ehestmöglich impfen lassen”, sowie den Anteil der Personen, die bereits eine Erstdosis bzw. Zweitdosis bekommen haben. Wenn wir die Gruppe der bereits Geimpften (min. 1 Dosis) mit jener der unmittelbar “Impfbereiten” (“trifft voll und ganz zu” / trifft eher zu”) zusammenfassen, zeigt sich weiterhin ein Aufwärtstrend. Der Anteil dieser Gruppe lag Ende Juni bei 71 Prozent und damit 24 Prozentpunkte höher als noch im Jänner 2021. Allerdings flacht der Anstieg langsam ab. Der Anteil der gegenüber der Impfung zurückhaltenden Personen (“trifft überhaupt nicht zu” / “trifft eher nicht zu”) ging im gleichen Zeitraum um 15 Prozentpunkte zurück und betrug im Juni 2021 rund 20 Prozent. Tatsächlich hätten zur Erfüllung des “Juni-Versprechens” des Bundeskanzlers lediglich 6 Prozent “Impfbereite” gefehlt, die noch rechtzeitig geimpft hätten werden müssen.
Betrachtet man die Einstellungen zu einer allgemeinen Impfpflicht und zur Gratis-Impfung, zeigt sich wenig Bewegung. Die überwiegend ablehnende Haltung zur Frage einer allgemeinen Impfpflicht bleibt in etwa konstant: Rund 52 Prozent lehnten im Juni 2021 eine allgemeine Impfpflicht ab (“trifft gar nicht” / “trifft eher nicht zu”). Ferner sehen wir mit 79 Prozent (“trifft voll und ganz zu” / “trifft eher zu”) weiterhin eine hohe Zustimmung zur Aussage, dass die Corona-Schutzimpfung gratis sein bzw. bleiben sollte.
Ausschließlich Personen mit minderjährigen Kindern im Haushalt haben wir außerdem zu ihrer Einstellung gegenüber einer Impfung für Kinder gefragt. Abbildung 2 zeigt nun die Zustimmung zur Aussage “Ich werde mein(e) Kind(er) ehestmöglich impfen lassen, sobald ein für Kinder zugelassener Impfstoff verfügbar ist” und dabei ein großes Ungleichgewicht. Nur 21 Prozent geben an ihr(e) Kind(er) ehestmöglich impfen lassen zu wollen (“trifft voll und ganz zu” / “trifft eher zu”). Eine deutliche Mehrheit von 55 Prozent kann diesem Gedanken allerdings nichts abgewinnen (“trifft überhaupt nicht zu” / “trifft eher nicht zu”).
Fazit: Eine Hürde geschafft, weitere Hürden voraus
Obwohl es nicht gelang, ausnahmslos allen “Impfbereiten” bis Ende Juni eine Erstimpfung zu ermöglichen, zeigen unsere Daten, dass der Anteil an “Impfbereiten”, die noch nicht mindestens eine erste Impfdosis bekommen haben, mittlerweile schwindend gering ist. Im Juli werden voraussichtlich über 70 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahren und (fast) alle der unmittelbar “Impfbereiten” mindestens ein Mal geimpft sein. Damit wäre zwar eine Hürde geschafft, allerdings hat das Ziel der Herdenimmunität durch Impfung noch einige andere Hürden zu meistern, bevor es Entwarnung geben kann. Gleichzeitig zeigten sich bei jenen, der Impfung gegenüber zurückhaltenden Personen, in den letzten Monaten deutlich weniger positive Signale. Äußerst skeptisch waren im Juni auch noch Eltern, wenn es um die Impfung ihrer eigenen Kinder geht. Auch scheinen die sommerlichen Temperaturen und Sommerferien einige dazu zu bringen, die Zweitimpfung auszulassen oder zu verschieben. All dies sind Entwicklungen, die es – insbesondere im Kontext der sich immer weiter verbreitenden Delta-Variante des Coronavirus – äußerst genau zu beobachten und denen es möglichst rasch entgegenzuwirken gilt.
Jakob-Moritz Eberl ist seit April 2017 Projektmitarbeiter (Post-Doc) am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft und assoziierter Wissenschafter im Vienna Center for Electoral Research (VieCER) und beschäftigt sich unter anderem mit Fragen zu Medienwirkung, Medienvertrauen und Wahlverhalten.
Julia Partheymüller arbeitet als Senior Scientist am Institut für Staatswissenschaft der Universität Wien. Sie ist Mitglied des Vienna Center for Electoral Research (VieCER) und des Projektteams der Austrian National Election Study (AUTNES).
Katharina T. Paul ist seit 2013 senior research fellow (Post-Doc) und Lektorin am Institut für Politikwissenschaft und seit 2019 Mitglied der Forschungsgruppe Zeitgenössische Solidaritätsstudien (CeSCoS). In ihrem FWF Elise Richter Projekt forscht sie zu vergleichender Gesundheitspolitik, insbesondere Impfpolitik.
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