19.03.2021 - PDF
Testen, Testen, Testen: Ein Weg aus der Krise?
- Tests werden zunehmend als effektiv und zuverlässig wahrgenommen wahrgenommen. Gleichwohl bestehen einige Bedenken zur Zuverlässigkeit fort.
- Eine Mehrheit der österreichischen Bevölkerung befürwortet verpflichtende Zutrittstests für Veranstaltungen, Gastronomie und Hotellerie sowie für körpernahe Dienstleistungen als Maßnahme zur Eindämmung der Pandemie.
- Die Tests werden zunehmend auch als Möglichkeit für mehr Kontakte angesehen. Personen mit mehr Kontakten, testen sich häufiger, aber über Zeit kann keine verstärkte Zunahme beobachtet werden.
Von Julia Partheymüller und Sylvia Kritzinger
Österreich hat seine Testkapazitäten in den vergangenen Monaten zunehmend ausgeweitet und die Anzahl der durchgeführten Corona-Tests ist zuletzt stark angestiegen. Dieser Anstieg ist wohl teilweise auch der Notwendigkeit geschuldet, einen aktuellen und zertifizierten negativen Test für die Inanspruchnahme für körpernahe Dienstleistungen - wie z.B. Friseurbesuche - vorweisen zu müssen. Doch auch darüber hinaus hat sich seit den im Dezember 2020 durchgeführten Massentests in Bezug auf die Teststrategien einiges verändert. Für die Bevölkerung wurden verschiedenste Testmöglichkeiten geschaffen (in Teststraßen, Apotheken, Schulen und auch in Betrieben, in Form von Antigen- und PCR-Tests), die von den Bürger*innen gratis und niederschwellig genutzt werden können. Zudem stehen der Bevölkerung inzwischen auch Selbsttests zur Selbstkontrolle zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund beleuchtet dieser Blog die Einstellungen der österreichischen Bevölkerung zu den Corona-Tests. Wir untersuchen, inwiefern (a) die Bevölkerung die Testmöglichkeiten als ein effektives Mittel zur Eindämmung der Krise wahrnehmen, (b) verpflichtende Tests befürwortet werden, und (c) ob Personen, die sich (häufiger) testen lassen, mehr soziale Kontakte pflegen.
Einstellungen zu Corona-Tests: Wahrgenommene Effektivität der Maßnahme gestiegen
Wie nehmen die Bürger*innen das erweiterte Testangebot wahr? In ACPP wurden mehrere Fragen zu Corona-Tests seit Dezember 2020 regelmäßig gestellt (siehe Abbildung 1). Waren im Dezember 2020 lediglich 33 Prozent der Befragten der Meinung, dass die Corona-Tests eine effektive Maßnahme zur Eindämmung der Pandemie darstellen, so waren im Februar 2021 bereits 45 Prozent dieser Meinung. Demgegenüber ging der Anteil der Befragten zurück, die das Testen nicht als eine effektive Maßnahme zur Bekämpfung der Pandemie sehen.
Gleichzeitig stieg seit Dezember der Anteil derer, die die Tests als zuverlässig einstufen von 28 auf 38 Prozent. Im Jänner 2021 waren es sogar 41 Prozent., Andererseits bestehen weiterhin Bedenken wegen Zuverlässigkeit der Tests: 25 Prozent waren zuletzt von der Zuverlässigkeit der Test eher nicht bzw. überhaupt nicht überzeugt. Weitere 33 Prozent erachteten die Tests als teilweise zuverlässig.
Die Tests werden zunehmend auch als Freibrief für mehr soziale Kontakte - sprich: das Treffen mit anderen Personen - wahrgenommen. So stieg der Anteil der Personen, die Tests als eine Möglichkeit betrachten, wieder häufiger Personen zu treffen, seit Dezember 2020 leicht an und lag im Februar bei rund 15 Prozent. Jedoch stehen nach wie vor 56 Prozent der Befragten der Möglichkeit von mehr Kontakten mit negativem Testergebnis ablehnend gegenüber. Auf diesen Punkt kommen wir aber weiter unten nochmals genauer zu sprechen.
Mehrheitliche Unterstützung für verpflichtende Zutrittstests
Wie in der Einleitung kurz dargestellt, können seit Februar 2021 körpernahe Dienstleistungen mit einem negativen Test in Anspruch genommen werden: den sogenannten negativen Zutrittstests. Wie aus Abbildung 2 hervorgeht, überwiegt die Akzeptanz dieser Zutrittstests unter den Befragten: 55 Prozent unserer Befragten gaben im Februar an, dass diese Maßnahme derzeit auf jeden Fall oder eher gelten sollte. Noch höher beziehungsweise ähnlich hoch fiel bereits der im Jänner gemessene Zuspruch für die damals diskutierten Zutrittstests für Veranstaltungen sowie die Gastronomie und Hotellerie aus. Die Maßnahme der Zutrittstests erfährt somit insgesamt eine mehrheitliche Unterstützung durch die Bürger*innen in Österreich.
Mehr Tests = mehr Kontakte?
Bedeutet die Zunahme der Tests, dass die Personen ihre Kontakte ausweiten? In Abbildung 3 (links) setzen wir dazu die Anzahl der Corona-Tests, die ein*e Befragte*r in den letzten vier Wochen durchgeführt hat, in Relation mit der wöchentlichen Anzahl an Kontaktpersonen außerhalb des eigenen Haushalts. Es ist dabei ersichtlich, dass Personen, die sich mehrmals haben testen lassen, mehr Kontakte pflegen. Ganz konkret: Jene Personen, die sich in den letzten vier Wochen 4-mal und öfters haben testen lassen, hatten auch häufiger Kontakt mit mehreren Personen. So hatten 16 Prozent der Befragten, die sich 4-mal und öfters testen, Kontakt zu 11 oder mehr Personen in der vergangenen Woche. In der Gruppe jener, die sich gar nicht testen ließen, waren dies hingegen nur 9 Prozent mit einer ebenso hohen Kontaktanzahl.
Dies bedeutet jedoch nicht unmittelbar, dass ein häufigeres Testen zu mehr sozialen Kontakten führt. Genauso gut ist denkbar, dass Personen, die generell viele (darunter auch unvermeidbare) Kontakte haben, sich zur Absicherung häufiger lassen. Letztere Interpretation legt der zweite Teil der Abbildung 3 (rechts) nahe, der die Veränderung in der Kontakthäufigkeit im Zeitraum von Jänner auf Februar 2021 zeigt. Wer sich im Februar häufiger testen ließ als noch im Jänner, hatte demzufolge ähnlich viele Kontakte wie jene, für die sich Anzahl der Corona-Tests nicht veränderte oder sogar sank. Konkret war für 32 Prozent der Befragten, die im Februar mehr Tests durchführen ließen als noch im Vormonat, eine Zunahme an Kontakten zu beobachten. Doch auch für jene, die sich gleichbleibend oder seltener testen ließen, nahmen die sozialen Kontakte ähnlich häufig zu (31 Prozent bzw. 34 Prozent). Eine verstärkte Zunahme von Kontakten bei mehr Corona-Tests kann über Zeit also nicht beobachtet werden.
Conclusio
Die Testkapazitäten wurden in Österreich stark ausgebaut und werden vermehrt genutzt. Die Analysen zeigen, dass die Tests zunehmend als eine wirkungsvolle Maßnahme zur Eindämmung der Corona-Krise angesehen werden und auch die wahrgenommene Zuverlässigkeit der Tests gestiegen ist. Dies schlägt sich auch in der mehrheitlichen Unterstützung der Tests als “Eintrittskarte” zu Veranstaltungen, körpernahen Dienstleistungen sowie für Gastronomie und Hotellerie nieder. Obwohl auch der Anteil jener zunahm, die in den Tests eine Chance zur Ausweitung ihrer sozialen Kontakte sahen, zeigen zusätzliche Analysen, dass das Testen (bisher) nicht als “Freibrief” für Treffen mit mehr Personen genutzt wird, sondern eher der Absicherung von zustande kommenden Kontakten dient. Dies ist insofern beruhigend, da Bedenken hinsichtlich der Effektivität und Zuverlässigkeit fortbestehen. In der Gesamtschau ergibt sich, dass die Ausweitung der Tests nicht alleinig den Weg aus der Krise bedeuten, aber gleichwohl einen Beitrag zu deren Eindämmung sowie zur besseren Absicherung von sozialen Kontakten leisten können.
Julia Partheymüller arbeitet als Senior Scientist am Vienna Center for Electoral Research (VieCER) der Universität Wien und ist Mitglied des Projektteams der Austrian National Election Study (AUTNES).
Sylvia Kritzinger ist Professorin für Methoden in den Sozialwissenschaften am Institut für Staatswissenschaft der Universität Wien, eine der Projektleiter*innen der Austrian National Election Study (AUTNES) und stellvertretende Leiterin des Vienna Center for Electoral Research (VieCER).
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