09.03.2021 - PDF
Zukunftserwartungen in der Corona-Krise: „Noch kein Licht am Ende des Tunnels“
- Jene, die zukünftig eine Veränderung der eigenen Lebenssituation erwarten, sind eher pessimistisch als optimistisch (32% vs. 17%).
- Rund zwei Drittel (68%) erwarten eine Verschlechterung der Lebensumstände für Österreich insgesamt.
- Der Glaube an eine noch längere Krise geht mit einer abnehmenden Bewertung der Regierungsbilanz einher.
Mit dem Fortschreiten der COVID-19-Pandemie und der parallelen ökonomischen Krise stellt sich die Frage, wie die österreichische Bevölkerung deren möglichem Ende und der Zeit danach und entgegen blickt. Der vorliegende Beitrag möchte daher Zukunftserwartungen der Österreicher*innen in Bezug auf erwartete Lebensumstände und die Dauer der Krise beleuchten.
Keine Zeichen für Optimismus nach der Krise
Rund die Hälfte der Befragten des Austrian Corona Panel Project (ACPP) gibt an, zukünftig gleichbleibende Lebensumstände zu erwarten; allerdings sind jene, die eine Veränderung der eigenen Lebenssituation erwarten, aktuell (Jänner 2021) eher pessimistisch (32% Lebensumstände werden sich in den nächsten Jahren „deutlich/etwas verschlechtern“) als optimistisch eingestellt (17% „deutlich/etwas verbessern“). Dieser Anteil an Pessimist*innen ist seit Beginn der Krise – außer einer kurzen Phase im Sommer des Vorjahres – größer geworden (s. Abbildung 1). Deutlich wird allerdings auch eine „unrealistische“ Diskrepanz zwischen den Erwartungen für das eigene Leben und jener für Österreich insgesamt. Eine deutliche Mehrheit meint nämlich, dass Lebensumstände in Österreich insgesamt deutlich negativer ausfallen werden (Jänner 2021: 68% „deutlich/etwas verschlechtern“; s. Abbildung 1).
Es wird dauern – und die Bewertung der Regierungsarbeit leidet darunter
Es ist ebenso schwer auszumachen, wann die Corona-Krise als Solche zu Ende gehen wird. Einig scheint sich die Bevölkerung laut früheren Ergebnissen jedoch, dass deren Ende zunehmend weiter in die Ferne rückt, was aktuelle Ergebnisse bestätigen. Rund 89% der Befragten des ACPP meinten im Februar 2021, die Corona-Krise würde länger als 6 Monate fortdauern „bis das Leben in Österreich wieder normal wird“ (zum Vergleich: April 2020 nur 34%, Ende Juni 2020 waren dies z.B. 70%). Das paradoxe Resultat: Die reale Dauer der Krise ist (noch) positiv mit deren erwarteter Fortdauer assoziiert.
Doch was ist die Folge dieser pessimistischen Einschätzung, dass die Krise noch länger dauern wird? Im Folgenden wurde die Veränderung in der Bilanz der Regierungsarbeit und Veränderung in der Einschätzung der Krisendauer aus dem Oktober 2020 und Jänner 2021 verglichen (s. Abbildung 2). Jene Befragte, die denken, dass die Krise sogar noch länger dauern wird, sind auch tendenziell unzufriedener mit der Bilanz der Regierungsarbeit geworden – umgekehrt gilt, wer nun optimistischer in Bezug auf die Krisendauer ist, wurde etwas zufriedener. Die kausale Richtung diese Beziehung ist jedoch nicht eindeutig. Von der Regierungsarbeit Enttäuschte könnten selbstverständlich auch gleichzeitig pessimistischer bzgl. der Länge der Krise geworden sein.
Fazit
Sofern große Teile der Bevölkerung mittelfristig in einer pessimistischen Stimmung verharren, hat dies mit Sicherheit mehrfach negative Folgen: psychische (z.B. Depressionen), gesellschaftliche (z.B. Zusammenhalt, Maßnahmenbefolgung) und ökonomische (z.B. Konsum). Die hier dargestellten Ergebnisse legen bspw. nahe, dass die Regierung gut daran tut, einen Lichtblick zu bieten und mit konstruktiver Arbeit zu überzeugen. Das viel zitierte „Licht am Ende des Tunnels“ und mögliche Lockerungen von Maßnahmen sollten jedoch glaubhaft sein, denn falsche Versprechungen helfen der Bevölkerung nicht weiter.
Julian Aichholzer ist Universitätsassistent (Post-Doc) am Institut für Staatswissenschaft der Universität Wien und im Austrian Corona Panel Project, der Austrian National Election Study sowie dem Forschungsverbund Interdisziplinäre Werteforschung assoziert.