05.04.2020

Wirtschaftliche und psychische Auswirkungen der Corona-Krise

  • Die Stimmung in der Bevölkerung ist im Allgemeinen eher gut, aber die Verminderung sozialer Kontakte belastet v.a. junge und ältere Menschen.
  • Die meisten Menschen haben den Eindruck, das eigene Leben selbst in der Hand zu haben – obwohl derzeit verständlicherweise gut die Hälfte ihre Pläne vom Schicksal durchkreuzt sieht.
  • Arbeitslose sehen angesichts der wirtschaftlichen Lage wenig Chancen, schnell wieder Arbeit zu finden.
  • Am wenigsten Veränderungen im Modus der Arbeit erleben Beschäftigte in der Land- und Forstwirtschaft, im Gesundheitswesen, in der öffentlichen Verwaltung und im Bereich „sonstiger Dienstleistungen".
  • Home Office ist besonders in einigen Dienstleistungsbranchen, aber auch in Erziehung und Unterricht, unter Freiberuflichen, in der Wissenschaft sowie in der öffentlichen Verwaltung weit verbreitet 
  • Vor allem das Baugewerbe und der Handel, aber auch produzierende Branchen, das Gastgewerbe und Anbieter wirtschaftlicher Dienstleistungen schicken ihre Beschäftigten in Kurzarbeit.

Von David W. Schiestl

Die Umwälzungen, welche durch die Corona-Krise schon jetzt ausgelöst wurden, sind vielfältig: Von der Reduktion privater sozialer Kontakte über Betriebsschließungen bis hin zu allgemeinen Ausgangsbeschränkungen reicht die Palette an Veränderungen, mit denen wir uns konfrontiert sehen. In diesem Blogeintrag gehen wir auf die Auswirkungen der Umstellungen auf die Arbeitswelt und das psychische Befinden unserer Befragten ein.

Wie wirkt sich die Krise auf die Stimmung der Österreicherinnen und Österreicher aus?

Die Isolation, in der sich die meisten Österreicherinnen und Österreicher derzeit befinden, geht an ihrer Stimmung natürlich nicht spurlos vorüber - so berichtet beispielsweise mehr als die Hälfte, dass ihnen soziale Kontakte fehlen. Gerade die ältere und die junge Generation sind hier stärker betroffen. Bei älteren Menschen könnte dies an der geringeren Häufigkeit sozialer Kontakte und bei den jüngeren daran liegen, dass sie an den Alltag in größeren Gruppen gewöhnt sind – und sich die Umstellung für sie schwierig gestaltet.

Unerträglich einsam fühlen sich allerdings nur wenige der Befragten. Viele sehen sogar Positives in dieser Situation: Knapp jede bzw. jeder Zweite meint, es gäbe jetzt endlich Zeit für Dinge, die sonst eher zu kurz kommen. Als „häufig glücklich“ beschreiben sich zwei von fünf Befragten; ein weiteres Viertel ist immerhin mehrmals die Woche glücklich. Von negativen Gefühlen wie Traurigkeit, Niedergeschlagenheit, Nervosität oder Ärger wird erfreulicherweise nur selten berichtet. Zudem scheinen die Ausgangsbeschränkungen die Energie der Menschen nicht erheblich zu beeinträchtigen: Über die Hälfte der Befragten gab an, mehrmals pro Woche voller Energie zu sein – etwa 10% davon sogar jeden Tag. Auch neue Konflikte in der Partnerschaft oder der Familie kommen bisher zum Glück selten auf – vier von fünf Befragten erleben hier keine oder kaum Veränderungen im Vergleich zu vor der Krise.

Allerdings sehen sich viele Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer den raschen Umstellungen, welche die Corona-Krise für uns alle bedeutet, machtlos gegenüber. Wer derzeit keinen Arbeitsplatz hat, beurteilt die nahe berufliche Zukunft angesichts der allgemeinen Wirtschaftslage eher pessimistisch: Wenig überraschend schätzen drei von fünf Betroffenen die Wahrscheinlichkeit, in der nächsten Woche wieder eine Arbeit zu finden, geringer als 50% ein. Gut ein Viertel findet, das eigene Leben sei zu großen Teilen fremdbestimmt, und etwa die Hälfte sieht ihre Pläne öfters vom Schicksal durchkreuzt. Dabei ist der Glaube daran, das eigene Leben selbst in der Hand zu haben, insgesamt groß. Ähnlich verhält es sich mit der Überzeugung, durch eigene Anstrengung auch Erfolg haben zu können: Jeweils fast 90% gaben an, dies treffe auf sie zu (Abbildung 1).


Abbildung 1: Selbsteinschätzung

Wie wandelt sich die Arbeitswelt in der Krise?

Die Auswirkungen der Corona-Krise zeigen sich auch in der Arbeitswelt: Menschen in allen Branchen erleben neue Arbeitsbedingungen, wobei große Unterschiede in der konkreten Ausgestaltung dieses Wandels deutlich werden: Manche Formen der Überbrückung der Corona-Krise sind in einigen Branchen nicht so einfach anwendbar. Am wenigsten Veränderungen in ihrer formalen Arbeitssituation werden von Beschäftigten in der Land- und Forstwirtschaft, im Gesundheitswesen, in der öffentlichen Verwaltung und von jenen, die sonstige Dienstleistungen erbringen, berichtet.

Home Office wird insbesondere in den Branchen der Information und Kommunikation sowie der Finanzdienstleistungen mit je über 70% der dort Arbeitenden am Häufigsten genutzt (Abbildung 2). In Erziehung und Unterricht, bei freiberuflichen und wissenschaftlich Tätigen sowie in wirtschaftlichen Dienstleistungsbranchen beträgt der Anteil der Beschäftigten, die im Home Office arbeiten, etwa die Hälfte. In der öffentlichen Verwaltung und bei sonstigen Dienstleistungen liegt der Anteil bei ca. 40%.

Abbildung 2: Home Office

Der Abbau von Urlaub und Zeitausgleich ist zwar insgesamt weniger verbreitet als die Arbeit von zu Hause, betrifft aber jeweils etwa ein Drittel der Beschäftigten im Gastgewerbe, unter Freiberuflichen und in der Wissenschaft sowie in sonstigen Dienstleistungen. Von Kündigungen waren in unserer Stichprobe nur wenige Menschen betroffen. In dieser Umfragewelle stechen bei Kündigungen besonders das Gastgewerbe mit etwa einem Siebtel der dort Beschäftigten, aber auch die Kunst- und Unterhaltungsbranche mit etwa einem Neuntel der in diesen Bereichen Tätigen hervor.

Kurzarbeit, also eine Stundenreduktion, bei er ein Teil des Gehalts vom Staat übernommen wird, ist dagegen für Viele ein Thema: Gut ein Fünftel aller Befragten, deren berufliche Situation sich seit Ausbruch der Corona-Krise veränderte, ist davon betroffen (Abbildung 3). Es betrifft die Hälfte der Beschäftigten am Bau und im Handel, und ungefähr 30% aller Menschen, die in produzierenden Branchen arbeiten oder wirtschaftliche Dienstleistungen erbringen. Auch knapp ein Viertel der im Gastgewerbe tätigen Personen sowie etwa jede und jeder Fünfte im Bereich der Information und Kommunikation gab bei unserer Befragung an, in Kurzarbeit zu sein.

Abbildung 3: Kurzarbeit

Leider konnten viele Themen in diesem Blogeintrag nur oberflächlich behandelt werden. In Zukunft werden wir uns aber an dieser Stelle mit den Hintergründen zu diesen und weiteren Aspekten beschäftigen: So werden beispielsweise Entwicklungen über die Zeit dargestellt, weitere Vergleiche zur Situation vor Corona angestellt sowie tiefere Zusammenhänge aufgezeigt.

Das war unser dritter Blogeintrag zur Corona-Panelumfrage der Universität Wien (viecer.univie.ac.at/coronapanel/). Schauen Sie auch morgen wieder vorbei – und bleiben Sie gesund


David W. Schiestl ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Wirtschaftssoziologie der Universität Wien. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Arbeitsmarkt, Migration, Sozialpsychologie und Organisation.