28.06.2022 - PDF

Vertrauen in der Corona-Krise: Ein Update

  • Die Wissenschaft und das Gesundheitswesen haben nur wenig Vertrauen verloren und weisen die höchsten Vertrauenswerte im Vergleich zu allen anderen abgefragten Institutionen auf.
  • Die österreichische Bundesregierung und das Parlament haben im Zeitverlauf stärker an Vertrauen verloren. Im Zuge der Inseratenaffäre ging darüber hinaus weiteres Vertrauen verloren, so dass diese Institutionen inzwischen am wenigsten Vertrauen geschenkt wird.
  • Der Europäischen Union wird konstant wenig Vertrauen entgegengebracht.

Von Felix Krejca, Julia Partheymüller und Sylvia Kritzinger

Während der Corona-Pandemie hat Österreich verschiedene politische Skandale erlebt. Skandale können das Vertrauen in Institutionen untergraben. Gerade in Pandemiezeiten kommt dem Institutionenvertrauen jedoch eine zentrale Bedeutung zu, einerseits für die Einhaltung von  Pandemiemaßnahmen und andererseits für die gesellschaftliche Solidarität. Dieser Blogpost untersucht daher die Entwicklung des Vertrauens in verschiedene politische und gesellschaftliche Institutionen über den Verlauf der Corona-Pandemie von März 2020 bis Juni 2022.

Abbildung 1: Institutionenvertrauen (Daten: ACPP, N=ca. 1.500 Befragte pro Erhebung, Grundgesamtheit: Wohnbevölkerung ab 14 Jahren)

 

Abbildung 1 zeigt die Entwicklung des durchschnittlichen Institutionenvertrauens von März 2020 bis Juni 2022 in den 32 Befragungswellen des ACPP. Gemessen wird das Institutionenvertrauen auf einer Skala von 0 „überhaupt kein Vertrauen“ bis 10 „sehr viel Vertrauen“. Die Frühphase der Pandemie war durch einen sogenannten Rally-around-the-flag-Effekt geprägt. Zu diesem Zeitpunkt genossen alle Institutionen ein hohes Vertrauen in der Gesellschaft. In weiterer Folge kam es dann zu einer Normalisierung und Vertrauensverlusten.

Ein Teil der Institutionen verlor dabei nur geringfügig an Vertrauen. Die Wissenschaft und das Gesundheitswesen vertraute die Befragten insgesamt am meisten (mit Werten von über 6). Das Vertrauen in die Polizei und das Bundesheer liegt nur leicht darunter und weist Werte über 5,5 auf. Das Vertrauen in die Justiz lag im Verlauf der Pandemie großteils bei circa 5,5, wobei im Jahr 2022 der Wert leicht sank.

Für andere Institutionen sank das Vertrauen deutlicher ab (auf Werte unter 5). Hierzu zählen die Bundesregierung, die Landesregierungen, der ORF und das Parlament. Der Abwärtstrend für diese Institutionen war bis Oktober 2021 in etwa ähnlich stark. Im November 2021 sank das Vertrauen in Parlament und Bundesregierung im Zuge der Inseratenaffäre rund um den damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz jedoch noch einmal besonders deutlich. Das Vertrauen in die Bundesregierung pendelte sich nach einem Tief von 3,2 im November 2021, im Jahr 2022 wieder bei 3,5 ein; das Parlament wies Werte leicht über diesem Wert auf. Der ORF und die Landesregierungen weisen im Jahr 2022 Werte rund um 4,5 auf. Die EU bleibt hingegen konstant bei einem niedrigen Vertrauensniveau von rund 4. Damit sind das Parlament und die Bundesregierung jene politischen Institutionen, denen die Bevölkerung aktuell das geringste Vertrauen entgegen bringt. 

Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass einerseits das Vertrauen in die Wissenschaft, das Gesundheitswesen, das Bundesheer, die Polizei und die Justiz im Laufe der Pandemie zwar leicht zurückgegangen ist, aber dennoch stabil über einem Wert von 5 – und somit im positiven Bereich – liegt. Andererseits haben das Parlament, die Bundesregierung, die Landesregierungen und der ORF im Vergleich stärker an Vertrauen verloren und genießen eher wenig Vertrauen. Die EU ist die einzige Institution, der die Bevölkerung konstant wenig Vertrauen schenkte. Die Inseratenaffäre wirkte sich angesichts der Gesamtentwicklung zwar eher geringfügig aus, hat aber zu einem weiteren Vertrauensverlust beigetragen.


Felix Krejca ist Studienassistent bei VieCER im H2020 Projekt RECONNECT.

Julia Partheymüller arbeitet als Senior Scientist am Vienna Center for Electoral Research (VieCER) der Universität Wien und ist Mitglied des Projektteams des Austrian Corona Panel Projects (ACPP) und der Austrian National Election Study (AUTNES).

Sylvia Kritzinger ist Professorin für Methoden in den Sozialwissenschaften am Institut für Staatswissenschaft der Universität Wien, eine der Projektleiter*innen der Austrian National Election Study (AUTNES) und stellvertretende Leiterin des Vienna Center for Electoral Research (VieCER).