16.03.2022 - PDF

Betroffenheit von den Einschränkungen im Gesundheitsbereich
während der Corona-Krise

  • Rund 11 Prozent der Befragten waren persönlich von Einschränkungen im Spitalsbereich betroffen; 14 Prozent waren persönlich von Einschränkungen im Bereich von Ordinationen und Fachpraxen betroffen.
  • 28 Prozent berichteten, dass Menschen im persönlichen Umfeld von Einschränkungen betroffen waren. 32 Prozent vermieden ärztliche Behandlungen und Vorsorgeuntersuchungen.
  • Besonders häufig persönlich betroffen von Einschränkungen im Spitalsbereich waren Patient*innen mit Krebserkrankungen (28 Prozent) sowie jene mit Erkrankungen des Blutes oder Immunsystems (27 Prozent).

Von Florian Holl, Christina Walcherberger, Thomas Resch und Julia Partheymüller

Die Corona-Krise hatte vielfältige Auswirkungen auf den Gesundheitsbereich. Während bisher die Belegung der Intensivstationen im Fokus der Öffentlichkeit lag, ergaben und ergeben sich weiterhin auch Einschränkungen für den allgemeinen Krankenhausbereich und den niedergelassenen Gesundheitsbereich. So war beispielsweise regelmäßig Medienberichten zu entnehmen, dass auch die Normalstationen stark belastet waren und planbare Operationen verschoben werden mussten.  Es ist zu erwarten, dass insbesondere Menschen mit Grunderkrankungen jenseits einer COVID19-Infektion von den Einschränkungen im Gesundheitsbereich besonders häufig betroffen waren. Dauerhafte Krankheiten oder chronische Gesundheitsprobleme liegen laut Statistik Austria 2019 bei rund 2,8 Mio. Österreicher*innen über 15 Jahren vor. Vor diesem Hintergrund betrachtet dieser Blogbeitrag anhand von Daten von November/Anfang Dezember 2021 die Betroffenheit durch Einschränkungen im Gesundheitsbereich.

Direkte und indirekte Betroffenheit von Einschränkungen im Gesundheitsbereich

In der ACPP-Umfrage von Ende November bzw. Anfang Dezember 2021 wurden die Befragten gebeten anzugeben, inwiefern sie seit Beginn der Corona-Krise im März 2020 die folgenden Erfahrungen mit der medizinischen Versorgung in Österreich gemacht haben: (1) “Ich selbst war von Einschränkungen in der medizinischen Versorgung im Krankenhausbereich betroffen”, (2) “Ich selbst war von Einschränkungen in der medizinischen Versorgung bei ärztlichen Ordinationen und Fachpraxen betroffen”, (3) “Menschen in meinem persönlichen Umfeld waren von Einschränkungen in der medizinischen Versorgung betroffen”, (4) “Ich habe es vermieden, eine ärztliche Behandlung oder Vorsorgeuntersuchung in Anspruch zu nehmen”. Die Antworten wurden auf einer 5-Punkt-Skala von “trifft voll und ganz zu” bis “trifft gar nicht zu” erfasst.

Abbildung 1 zeigt die Häufigkeit der direkten persönlichen und auch der indirekten Betroffenheit von Einschränkungen im Gesundheitsbereich. Rund 11 Prozent der Befragten gaben an, dass sie selbst persönlich von den Einschränkungen betroffen waren (“trifft voll und ganz zu” + “trifft eher zu”, wobei weitere 9 Prozent zumindest teilweise betroffen waren (“teils-teils”). Etwas höher fiel die persönliche Betroffenheit im Bereich von Ordinationen und Fachpraxen aus: Rund 17 Prozent gaben an, dass sie in diesem Bereich von Einschränkungen betroffen waren; weitere 14 Prozent waren darüber hinaus teilweise betroffen. 28 Prozent gaben zudem an, dass Personen in ihrem persönlichen Umfeld durch Einschränkungen betroffen waren. Hinzu kommen 17 Prozent, die angaben, dass Personen in ihrem Umfeld zumindest teilweise betroffen waren. Besonders häufig vermieden die Befragten ärztliche Behandlungen und Vorsorgeuntersuchungen: Rund 32 Prozent stimmten dieser Aussage “voll und ganz” oder “eher” zu, weitere 19 Prozent teilweise.

Abbildung 1: Direkte und indirekte Betroffenheit von Einschränkungen im Gesundheitsbereich (Daten: ACPP, 26.11.–3.12.2021, N=1.551, Grundgesamtheit: Wohnbevölkerung ab 14 Jahren; gewichtet)

Spitalspatient*innen mit Krebserkrankungen sowie Erkrankungen des Blutes bzw. Immunsystems besonders häufig betroffen

Abbildung 2 zeigt die persönlichen Betroffenheit im Krankenhausbereich, aufgeschlüsselt anhand von vorliegenden Krankheitsbildern. Am häufigsten betroffen waren Krebspatient*innen: 27 Prozent gaben an, dass es “voll und ganz” oder “eher” zutraf, dass sie betroffen waren. Weitere 17 Prozent der Krebspatient*innen waren zudem teilweise betroffen. Darüber hinaus waren auch Patient*innen mit Erkrankungen des Blutes bzw. Immunsystems besonders häufig betroffen: 28 Prozent gaben an, dass sie von den Einschränkungen betroffen waren, weitere 9 Prozent waren teilweise betroffen. Diese Werte liegen dabei deutlich höher als bei Menschen, die keine Erkrankungen aufwiesen und bei denen daher seltener ein Bedarf für eine Krankenhausbehandlung vorlag.

Abbildung 2: Persönliche Betroffenheit von Einschränkungen im Krankenhausbereich nach Art der Grunderkrankung (Daten: ACPP, 26.11–3.12.2021, N=1.551, Grundgesamtheit: Wohnbevölkerung ab 14 Jahren; gewichtet)

Fazit: Einschränkungen im Gesundheitsbereich betreffen weite Teile der Bevölkerung

Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Einschränkungen im Gesundheitsbereich weite Teile der Bevölkerung betrafen. Abgesehen von der direkten persönlichen Betroffenheit waren auch viele Personen indirekt durch Menschen in ihrem Umfeld betroffen oder vermieden von vorneherein ärztliche Behandlungen und Vorsorgeuntersuchungen. Generell waren Personen mit Grunderkrankungen besonders stark betroffen, darunter insbesondere Krebspatient*innen sowie Patient*innen mit Erkrankungen des Blutes bzw. des Immunsystems. Die Ergebnisse unterstreichen insgesamt, dass die Belastungen im Gesundheitsbereich weitreichende Auswirkungen hatten, die über die Versorgung der Corona-Patient*innen hinausgingen. Angesichts dessen, dass das Coronavirus voraussichtlich auch langfristig als endemisches Virus zusätzliche Belastungen im Gesundheitsbereich verursachen wird, stellt sich die Frage, wie verhindert werden kann, dass Patient*innen auch in Zukunft weiter von Einschränkungen betroffen sein werden.


Florian Holl arbeitet als Studienassistent am Institut für Wirtschaftssoziologie der Universität Wien und ist Teil des Teams des Austrian Corona Panel Project (ACPP). Er studiert im Bachelorstudiengang Politikwissenschaft.

Christina Walcherberger arbeitet als Studienassistentin am Institut für Wirtschaftssoziologie der Universität Wien und ist Teil des Teams des Austrian Corona Panel Project (ACPP). Sie studiert im Bachelorstudiengang Politikwissenschaft.

Thomas Resch ist als Doktorand am Institut für Wirtschaftssoziologie der Universität Wien tätig. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Gerechtigkeitsforschung, Verteilungspräferenzen, Einstellungen gegenüber dem Wohlfahrtsstaat und international vergleichender Analyse von Wohlfahrtsstaaten sowie von Gesundheitspolitik und Gesundheitssystemen.

Julia Partheymüller arbeitet als Senior Scientist am Institut für Staatswissenschaft der Universität Wien. Sie ist Mitglied des Vienna Center for Electoral Research (VieCER) und Teil des Projektteams des Austrian Corona Panel Projects (ACPP) sowie der Austrian National Election Study (AUTNES).