08.05.2020

Alles traditioneller? Arbeitsteilung zwischen Männern und Frauen in der Corona-Krise

  • Die für Hausarbeit und Kinderbetreuung aufgewendete Zeit ist bei Frauen stärker gestiegen als bei Männern
  • Bestimmte Gruppen von Vätern – jene, die auf Teilzeit reduziert haben und im Homeoffice arbeiten – verbringen nun mehr Zeit mit ihren Kindern als vor der Corona-Krise

Von Caroline Berghammer

In den meisten Familien mit Kindern nehmen Väter und Mütter unterschiedliche Aufgaben wahr. Väter haben dabei die Ernährerrolle inne, sie arbeiten in Vollzeit, oft mehr als 40 Stunden pro Woche. Mütter hingegen reduzieren ihre Erwerbsarbeit häufig nach der Geburt des ersten Kindes auf Teilzeit und übernehmen den Großteil der Hausarbeit und Kinderbetreuung. Knapp die Hälfte der Paare mit Kindern unter 15 Jahren lebt nach dem Modell Mann Vollzeit/Frau Teilzeit (46%). Bei weiteren 28% der Paare ist nur der Mann erwerbstätig (Statistik Austria 2019). Bei insgesamt drei Viertel der Familien ist die Rollenaufteilung daher (eher) traditionell geprägt.

Hat sich die Aufteilung von Hausarbeit und Kinderbetreuung in der Corona-Krise gewandelt? Die Ergebnisse zeigen, dass die Zeit, die für Hausarbeit aufgewendet wird, generell gestiegen ist. 16% der Frauen und 9% der Männer geben an, dass sie nun viel mehr Zeit für Hausarbeit aufwenden (47% der Frauen und 43% der Männer wenden viel mehr oder etwas mehr auf). Die Zunahme ist am deutlichsten ausgeprägt unter Familien mit Kindern, aber auch Paare ohne Kinder und alleinlebende Menschen berichten von gestiegener Zeit für Hausarbeit (ohne Abbildung).

Der Zeitaufwand für Kinderbetreuung hat sich im Vergleich zur Hausarbeit viel stärker erhöht und steht daher im Fokus dieses Beitrags. Generell gilt, dass Kinderbetreuungszeit schwierig zu messen ist, weil sie zu einem wesentlichen Teil aus Aufsicht und Verfügbarkeit besteht. In der Frageformulierung haben wir uns auf die aktive Kinderbetreuungszeit konzentriert, die Tätigkeiten wie Spielen, Vorlesen, oder die Hilfe bei den Hausaufgaben beinhaltet (siehe Anmerkung zu Abbildung 1). Bei der Untersuchung von Veränderungen in der Kinderbetreuungszeit seit Beginn der Corona-Krise ist zudem zu bedenken, dass Frauen schon auf einem viel höheren Niveau starteten: Schon vor der Krise wendeten sie weit mehr Zeit für Kinderbetreuung auf.

Die Ergebnisse zeigen, dass sich mit der Corona-Krise die geschlechtsspezifischen Zuständigkeiten für die Kinderbetreuung noch verstärkt haben. Seit der Schließung von Kindergärten und Schulen sind es vor allem die Mütter, die ihre Kinder betreuen und mit ihnen lernen: 47% der Frauen und 29% der Männer wenden nun viel mehr Zeit für diese Tätigkeiten auf (siehe Abbildung 1). Auffällig ist, dass der Anteil derer, die angeben, viel oder etwas mehr Zeit zu investieren, unter Müttern und Vätern relativ ähnlich liegt. Dies lässt darauf schließen, dass auch Väter in der Corona-Krise mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen, dass Mütter jedoch den Hauptteil übernehmen. Weitere Analysen zeigen, dass die Kinderbetreuungszeit in Familien mit zwei und mehr Kindern stärker gestiegen als in Familien mit nur einem Kind (ohne Abbildung).

Die in der Corona-Krise gesetzten Maßnahmen haben bekanntlich vielfach zu einer Veränderung von Arbeitsort (d. h. Ausweitung von Homeoffice) und Arbeitszeit, z. B. Kurzarbeit, geführt. Unter Eltern im Homeoffice ist die Kinderbetreuungszeit stärker angestiegen als unter jenen, die weiterhin außer Haus arbeiten. Insbesondere Väter im Homeoffice berichten zu 90% von einer Ausweitung der Kinderbetreuungszeit. Die Reduktion der Arbeitszeit betraf Mütter insgesamt stärker als Väter. In der bisherigen sozialwissenschaftlichen Forschung ist gut belegt, dass ein geringeres Erwerbsausmaß in der Regel mit mehr Kinderbetreuungszeit einhergeht. Entsprechend zeigen die Ergebnisse aus der Corona-Panel-Befragung, dass unter Vätern, deren Arbeitsausmaß sich von Vollzeit auf Teilzeit reduziert hat, die mit Kinderbetreuung verbrachte Zeit stärker gestiegen ist als unter Vätern, die weiterhin in Vollzeit beschäftigt sind. Aufgrund der größeren Bandbreite an Arbeitszeiten unter Müttern (es gibt eine weite Bandbreite von nicht erwerbstätigen, Teilzeit arbeitenden, und Vollzeit arbeitenden – viel weiter als bei Vätern) und der damit verbundenen geringen Fallzahlen in unserer Stichprobe, können wir nur Ergebnisse zur Müttererwerbstätigkeit in der Corona-Krise darstellen (und nicht wie bei Vätern vor/in der Krise). Nicht-erwerbstätige Mütter haben ihre Kinderbetreuungszeit am seltensten ausgeweitet. Fast alle dieser Mütter waren bereits vor der Krise in der Haushaltsführung tätig und wir können davon ausgehen, dass sie bereits dann viel Zeit mit Kinderbetreuung verbrachten. Ein stärkerer Anstieg ist unter Müttern in Teilzeit- und in Vollzeitarbeit zu verzeichnen. Bemerkenswert ist, dass Mütter in Vollzeit in der Corona-Krise doppelt so häufig (63%) viel mehr Zeit mit Kinderbetreuung verbringen als Väter (30%). Dies weist darauf hin, dass Mütter mit demselben hohen Erwerbsausmaß wie Väter ihre Arbeitszeit stärker an Familienerfordernisse anpassen (müssen).

Insgesamt bestätigt dieser Beitrag, dass die Arbeitsteilung in Familien mit Kindern in der Corona-Krise noch traditioneller geworden ist. Das Erwerbsausmaß von Müttern ist im Durchschnitt stärker zurückgegangen als jenes von Vätern. Dafür verrichten Frauen, vor allem wenn sie Kinder haben, nun mehr Hausarbeit. Insbesondere aber ist die Zeit für Kinderbetreuung bei Müttern stärker angestiegen als bei Vätern. Offensichtlich wird dies etwa bei einem Vergleich von Müttern und Vätern in Vollzeit: selbst bei ähnlich hohem Erwerbsausmaß sind primär die Mütter für die Kinderbetreuung zuständig.

Aber auch bestimmte Gruppen von Vätern haben ihre Zeit für Kinderbetreuung in der Corona-Krise stark ausgeweitet. Dies trifft insbesondere auf jene zu, die auf Teilzeit reduziert haben oder im Homeoffice arbeiten. Sie erleben, vielleicht zum ersten Mal, veränderte Rollen, in dem sie ein eingeschränktes Erwerbsausmaß mit mehr Zeit für ihre Kinder kombinieren.

Abbildung 1: Veränderung der Kinderbetreuungszeit (in Prozent)

Anmerkungen zur Abbildung:

Fragetext: „Wie viel Zeit wenden Sie persönlich derzeit für die Kinderbetreuung im Vergleich zu vor Beginn der Ausgangsbeschränkungen auf? Mit Kinderbetreuung ist alles gemeint, was Sie aktiv mit Ihrem Kind/ Ihren Kindern tun, z.B. spielen, vorlesen, Hausaufgaben machen, Körperpflege.“ Viel mehr Zeit; etwas mehr Zeit; in etwa gleich viel Zeit; etwas weniger Zeit; viel weniger Zeit. Verteilung insgesamt: 38% viel mehr Zeit; 31% etwas mehr Zeit; 24% in etwa gleich viel Zeit; 6% etwas weniger Zeit; 1% viel weniger Zeit (n=301; Welle 4; gewichtet; befragt wurden Personen mit Kindern bis 14 Jahre im Haushalt)

Definitionen:

  • Vollzeit/Teilzeit nach International Labour Organisation: Vollzeit (30 und mehr Wochenstunden), Teilzeit (1-29 Wochenstunden)
  • „Vollzeit (konstant)“: arbeiteten im Februar 2020 inklusive Überstunden Vollzeit (30 und mehr Wochenstunden) und arbeiten in der Corona-Krise pro Woche in etwa gleichem Ausmaß (bis zu max. 9 Stunden weniger oder mehr)
  • „Von Vollzeit reduziert“: arbeiteten im Februar 2020 inklusive Überstunden Vollzeit (30 und mehr Wochenstunden) und arbeiten in der Corona-Krise pro Woche in geringerem Ausmaß (mind. 10 Stunden weniger, d.h. zumeist in Teilzeit, einige sind auch nicht erwerbstätig)
  • „Andere“: umfasst Väter, die vor der Krise nicht erwerbstätig bzw. in Teilzeit erwerbstätig waren oder die ihr Erwerbsausmaß um mind. 10 Stunden erhöht haben

Caroline Berghammer ist Assistenzprofessorin am Institut für Soziologie der Universität Wien und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Vienna Institute of Demography der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Sie forscht zu Familie, Fertilität und sozialer Ungleichheit.