01.12.2022 - PDF
Österreicher*Innen blicken pessimistisch auf die bisherige Arbeit der Bundesregierung und künftige Preisentwicklungen
- Nur 15 Prozent sind mit der Bilanz der Bundesregierung “sehr zufrieden” oder “eher zufrieden”.
- Hinsichtlich der Inflations-/Teuerungsbekämpfung sind sogar zwei Drittel “sehr unzufrieden” oder “eher unzufrieden”.
- 71 Prozent schätzen die wirtschaftliche Gefahr für Österreich, welche von steigenden Preisen ausgeht, als “groß” oder sogar “sehr groß” ein.
- 84 Prozent blicken pessimistisch in die Zukunft und erwarten, dass die Preise noch weiter steigen werden.
Von Florian Holl, Thomas Resch und Valentina Ausserladscheider
Neben der Corona-Krise dominieren aktuell einige weitere Krisen die öffentliche Wahrnehmung: Russlands Krieg gegen die Ukraine sowie die Energie- und auch die Teuerungskrise. In allen Ländern der Europäischen Union liegt die Inflationsrate für Oktober deutlich über dem erklärten Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von etwa 2%. Negativer Spitzenreiter in der EU ist dabei Estland mit einer Inflationsrate von 22,5%, positives Schlusslicht Frankreich mit 7,1%. Österreich liegt mit 11,5% im Mittelfeld. Abseits von gemeinsamen europäischen Bemühungen gibt es auch eine Reihe nationaler Maßnahmen wie etwa Strompreisdeckelungen oder Bonuszahlungen, um den Effekt der Teuerung auf BürgerInnen abzufedern.
Im folgenden Beitrag gehen wir auf der Basis der Daten des Austrian Corona Panel Project (ACPP) erstens der Frage nach, wie zufrieden Österreich mit der Arbeit der Bundesregierung bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, der Stützung von kleinen und mittleren Unternehmen, Stützung der Wirtschaft allgemein und bei der Bekämpfung der Teuerung/Inflation ist. Zweitens eruieren wir, wie die Gefahr der steigenden Preise eingeschätzt wird. Drittens gehen wir darauf ein,welche Preisentwicklung für die Zukunft erwartet wird.
Große Unzufriedenheit bei Bekämpfung der Teuerung
Abbildung 1 zeigt die Zufriedenheit der BürgerInnen mit der Arbeit der Bundesregierung hinsichtlich ihrer Bilanz von Arbeit und Leistung, bei der Bekämpfung der Teuerung bzw. Inflation, der Stützung kleiner und mittelgroßer Unternehmen, bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und der Stützung der Wirtschaft allgemein Ende Oktober 2022. Die Befragten konnten dabei zwischen den Antwortoptionen “sehr zufrieden”, ”eher zufrieden”, “teils-teils”, “eher zufrieden” oder “sehr unzufrieden” wählen. Die erhobenen Daten zeigen, dass der Anteil derjenigen, die die Arbeit der Regierung positiv bewerten (“sehr” oder “eher zufrieden”) in allen Bereichen gerade einmal zwischen 9 und 19% liegt. “Sehr zufrieden” sind dabei gar im Schnitt nur 2-3%. Besonders hohe Unzufriedenheit gibt es beim Thema Teuerung zu verzeichnen: Ganze zwei Drittel der Befragten (66%), sind mit der bisher gesetzten Arbeit der Bundesregierung hinsichtlich Teuerung “sehr” (44%) oder “eher unzufrieden” (22%); hier sind es insgesamt auch nur 9% – von welchen wiederum nur 2% “sehr zufrieden” sind –, die ein positives Fazit ziehen würden. Mit 57% sind dazu auch deutlich über die Hälfte der Befragten mit der Bilanz von Arbeit und Leistung der Bundesregierung insgesamt “sehr” (35%) oder “eher unzufrieden” (22%). Aber auch in den anderen abgefragten Bereichen rangiert die Unzufriedenheit zwischen 32% und 42%.
Viele sehen eine große persönliche wirtschaftliche Gefahr durch steigende Preise
Die erhobenen Daten (Abbildung 2), zeigen des Weiteren, dass die wirtschaftliche Gefahr, die von den steigenden Preisen ausgeht, von einem sehr großen Anteil der Befragten, nämlich 71%, als “sehr groß” (28%) oder “groß” (43%) eingeschätzt wird. Nur 4% sind der Meinung, dass die Gefahr für Österreich “klein” (3%) bzw. “sehr klein” (1%) ist. Rund ein Viertel geht von einer mittelmäßigen Gefahr aus.
Die wirtschaftliche Gefahr für die Befragten persönlich wird ebenfalls sehr hoch eingeschätzt. 46% sehen hierbei für sich selbst eine “sehr große” (17%) oder “große” (29%) Gefahr. Dazu ist auch der Anteil derer, die von einer “kleinen” (12%) bzw. “sehr kleinen” (3%) persönlichen Gefahr ausgehen, mit insgesamt 15% sehr gering.
Pessimistische Einschätzung der zukünftigen Preisentwicklung
Die Erwartungshaltung kann anhand der Einschätzung der künftigen Entwicklung der Preise eindeutig als pessimistisch eingestuft werden. Abbildung 3 zeigt den Vergleich zwischen erwarteter Preisentwicklung und tatsächlicher Inflationsrate über den Zeitraum der letzten zweieinhalb Jahre. Während der ersten drei Erhebungen stieg, bei gleichzeitigem Anwachsen der Inflationsrate, der Anteil der Personen, die der Ansicht waren, die Preise werden auch weiterhin “sehr stark steigen”. Entgegen der Vermutung, dass mit wachsender Inflation auch eine kontinuierliche Preiserhöhung erwartet würde, ist dieser Trend in der aktuellen Umfrage rückläufig. Die Prognose, dass die Preise in 12 Monaten “sehr stark” (45%) oder “etwas” (39%) steigen werden, fällt bei der aktuellen Messung Ende Oktober etwas geringer aus. Allerdings ist der Anteil derjenigen, die aktuell davon ausgehen, dass die Preise in Zukunft wieder fallen werden, mit 6% sehr gering.
Fazit
In der weiterhin steigenden Inflation sieht ein großer Anteil der Österreicher*Innen für die Bevölkerung eine wirtschaftliche Gefahr, der Blick in die Zukunft fällt düster aus. Die bisher geleisteten Einmalzahlungen an Bürger*Innen zum Abfedern der bisherigen Preissteigerungen scheinen in der Bevölkerung nicht dazu geführt zu haben, dass die Arbeit der Bundesregierung hinsichtlich der zunehmenden Inflation positiv bewertet wird. Inwiefern Strompreisbremse, die angekündigten strukturellen Maßnahmen oder die angekündigte Steuer auf “Zufallsgewinne” für Energieunternehmen ein anderes Bild zeichnen werden, oder ob es dazu anderer Maßnahmen bedarf, wird die Zukunft weisen.
Florian Holl arbeitet als Studienassistent am Institut für Wirtschaftssoziologie der Universität Wien und ist Teil des Teams des Austrian Corona Panel Project (ACPP). Er studiert im Bachelorstudiengang Politikwissenschaft.
Thomas Resch ist als Doktorand am Institut für Wirtschaftssoziologie der Universität Wien tätig. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Gerechtigkeitsforschung, Verteilungspräferenzen, Einstellungen gegenüber dem Wohlfahrtsstaat und international vergleichender Analyse von Wohlfahrtsstaaten.
Valentina Ausserladscheider ist seit 2021 Universitätsassistentin (Post-Doc) am Institut für Wirtschaftssoziologie der Universität Wien und Research Affiliate am Department of Sociology an der University of Cambridge.
Verwandte Beiträge
- Corona-Dynamiken 28 - Finanzielles Auskommen & Altersgruppe – Unsicherheit & Stabilität
- Blog 147 - Inflationserwartung und die Wahrnehmung der Wirtschaftslage in Österreich seit Beginn der Pandemie
- Blog 152 - Vertrauen in der Corona-Krise: Ein Update
- Blog 155 - Finanzielles Auskommen und wirtschaftliche Zukunftserwartungen in Österreich