Corona-Dynamiken - 27.01.2021 - PDF

Unangemessen und ineffektiv? Die Regierungsmaßnahmen geraten zunehmend in Kritik

  • Die Verlängerung des Lockdowns und die Verschärfung der Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Krise haben zu einem signifikanten Rückgang in der positiven Bewertung der Regierungsmaßnahmen geführt.
  • Ein steigender Anteil der Befragten erachtet die Maßnahmen als nicht effektiv und als eher zu stark oder zu extrem.   

Von Sylvia Kritzinger & Fabian Kalleitner

Als am 18. Dezember 2020 die Regierung einen 3. Lockdown ab dem 26. Dezember ankündigte, ging man offiziell noch davon aus, dass dieser mit spätestens 17. Jänner 2021 zu einem Ende kommen würde. Die Regierungsmaßnahmen wurden zu diesem Zeitpunkt von 26,8% der Befragten als eher zu stark bzw. zu extrem bewertet. Knapp 40% fanden sie angemessen und 33,4% eher nicht bzw. überhaupt nicht ausreichend (siehe Abbildung 1).

Das Auftreten neuer Virusmutationen von SARS-CoV-2 sowie nur leicht sinkende Infektionszahlen über die Weihnachtsfeiertage und Anfang Jänner 2021 führte jedoch dazu, dass am 17. Jänner die Bundesregierung statt einer Beendigung des Lockdowns vielmehr die Verlängerung des Lockdowns mit teils verschärften Maßnahmen verkünden musste. Die erneute (drohende) Verlängerung des Lockdowns und damit einhergehend das weitere Hinauszögern der Möglichkeit, in ein „normales“ Leben zurückkehren zu können, scheint aber auch größere Auswirkungen auf die Bewertung der Regierungsmaßnahmen in der österreichischen Bevölkerung zu haben. Im vom ACPP durchgeführten Befragungszeitraum vom 15. bis zum 22. Jänner 2021 [1] bewerteten 36,1% der Befragten den Maßnahmenkatalog zur Bekämpfung der Corona-Pandemie nun als eher bzw. zu extrem – der bisherige Höchstwert in der negativen Bewertung der Angemessenheit der Regierungsmaßnahmen seit Anbeginn der Corona-Krise. Umgekehrt sank der Anteil der Befragten, die die Maßnahmen als nicht ausreichend bewerteten, auf 28,2% und der Anteil jener Befragten, die die Maßnahmen als angemessen beurteilen, um 4 Prozentpunkte auf 35,7%.

Abbildung 1: Angemessenheit der Maßnahmen der Bundesregierung zwischen März 2020 und Jänner 2021 (Daten: ACPP, gewichtet, N= ca. 1500 pro Befragung)

Diese Veränderung im Meinungsbild lässt sich auch bei der Frage nach der Effektivität der Maßnahmen beobachten (siehe Abbildung 2). Während bereits seit August 2020 ein starker Rückgang in der wahrgenommenen Effektivität der Regierungsmaßnahmen beobachtet werden konnte, kam es auch hier im Jänner 2021 zu einem neuen Tiefststand. Lediglich 18,4% der Befragten bewerten die Regierungsmaßnahme im Jänner 2021 noch als eher oder sehr effektiv. Umgekehrt bezeichneten 39,2% die Maßnahmen als überhaupt nicht bzw. eher nicht effektiv. 42,5 % der Befragten schätzen die Maßnahmen als teilweise effektiv ein. Angesichts der Verlängerung des Lockdowns sowie der Verschärfung der Maßnahmen scheint diese kritische Bewertung wenig überraschend: die bisherigen Maßnahmen haben für die Rückkehr zur „Normalität“ nicht ausgereicht. Die Effektivität der Maßnahmen wird dadurch zunehmend in Frage gestellt.

Abbildung 2: Effektivität der Maßnahmen der Bundesregierung zwischen März 2020 und Jänner 2021 (Daten: ACPP, gewichtet, N= ca. 1500 pro Befragung)

Möglicherweise scheint, hervorgerufen durch die nochmaligen Verlängerungen sowie Verschärfung der Maßnahmen, eine gewisse Pandemiemüdigkeit eingesetzt zu haben, die dazu führt, dass die Befragten die Regierungsmaßnahmen vermehrt in Frage stellen. Die rückläufigen Zahlen bezüglich der Angemessenheit und Effektivität der Regierungsmaßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Krise sind durchaus alarmierend, da sie Ausdruck dafür sein können, dass die Unterstützung in der Bevölkerung und ihre Beteiligungsbereitschaft zusehends abnimmt und durch die im Jänner verkündeten Maßnahmen noch weiter gedrückt wurde. Dem gilt es für die weiteren Krisenmonaten mit transparenter Kommunikation entgegenzuwirken.


[1] Das in den Abbildungen dargestellte Datum stellt für jede Welle das Mediandatum der durchgeführten Interviews dar. Im Fall der ACPP-Welle im Jänner kann es somit sein, dass der Effekt der Verkündung der Verlängerung des Lockdowns auf die negative Bewertung der Regierungsmaßnahmen sogar unterschätzt wird. Getrennte Auswertungen der Zeiträume vor und nach dem 17. Jänner unterstützen diese Vermutung. Gleichzeitig gilt es anzumerken, dass bereits vor der offiziellen Verkündigung der Verlängerung der Maßnahmen darüber breit und ausführlich in den Medien kommuniziert wurde.


Sylvia Kritzinger ist Professorin für Methoden in den Sozialwissenschaften am Institut für Staatswissenschaft der Universität Wien, eine der Projektleiter*innen der Austrian National Election Study (AUTNES) und stellvertretende Leiterin des Vienna Center for Electoral Research (VieCER).

Fabian Kalleitner ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Wirtschaftssoziologie der Universität Wien. Aktuell forscht er zu Themen wie Steuerpräferenzen, Steuerwissen, Wahrnehmungsmechanismen und Arbeitswerte.