20.05.2020

Die Corona-Krise verändert die Beziehungsqualität: in vielleicht unerwarteter Weise

  • Bei jedem vierten Paar hat sich die Beziehung während der Corona-Krise verändert: bei 17% hat sie sich verbessert und bei 8% verschlechtert.
  • Junge Paare erleben deutlich häufiger eine Verbesserung ihrer Beziehung als Paare im mittleren Lebensalter und im Pensionsalter.
  • In Familien mit Kindern ist eine Tendenz zur Polarisierung erkennbar: die Paarbeziehung hat sich in einem Teil verbessert, in einem anderen Teil verschlechtert.
  • Finanzielle Einbußen, z.B. durch Kurzarbeit oder Verlust des Arbeitsplatzes, gehen zu Lasten der Beziehungsqualität
  • Häufiger Anlass für Streit in Partnerschaften ist – auch in der Corona-Krise – die Hausarbeit.

Von Caroline Berghammer und Martina Beham-Rabanser

In der Corona-Krise hat sich der Alltag der meisten Paare stark verändert. Durch Homeoffice oder Kurzarbeit verbrachten bzw. verbringen viele Paare nun mehr Zeit miteinander. Dies kann die Beziehung bereichern; zugleich können Unsicherheiten bezüglich Arbeitsplatz, stark eingeschränkte soziale Kontakte, der weitgehende Ausfall der Kinderbetreuung in Kindergärten und Schulen (bis Mitte Mai), aber auch Ängste in Bezug auf die Gesundheit die Beziehungsqualität auch verschlechtern.

Dieser Beitrag geht der Frage nach, wie sich das Verhältnis zum Partner bzw. zur Partnerin in der Corona-Krise verändert hat und welche Rolle dabei das Alter der Paare, Kinder oder die finanzielle Situation spielen. Die Befragung fand Ende April statt (24. bis 29.04.2020). Unsere Ergebnisse zeigen: Die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Beziehungsqualität sind je nach Lebens-, Familien- und Berufssituation unterschiedlich.

Die Corona-Krise wirkt sich bei jungen Paaren stärker auf die Beziehungsqualität aus

Bei jedem vierten Paar hat sich die Beziehung seit Beginn der Corona-Krise verändert. Bei Paaren ohne Kinder im gemeinsamen Haushalt ergibt sich dabei das folgende Bild: die beruflichen und sozialen Veränderungen wirken sich bei Paaren unter 40 Jahren stärker auf die Beziehungsqualität aus als bei Paaren im mittleren und älteren Lebensalter (siehe Abbildung 1). Das Verhältnis von jungen Paaren hat sich großteils verbessert: 31% bewerten ihre Beziehung nun positiver, nur 7% negativer. Im Vergleich dazu berichten ältere Paare (60 Jahre und mehr) deutlich seltener von einer Verbesserung (10%) oder einer Verschlechterung (3%) ihrer Beziehung. Da viele dieser Paare in Pension sind, hat sich die Corona-Krise generell weniger stark auf ihren Tagesablauf ausgewirkt als bei Paaren im erwerbsfähigen Alter.

Besondere Herausforderungen in der Partnerschaft stellen sich jungen Paaren mit Kindern, bei denen Zuständigkeiten für Kinderbetreuung und Hausarbeit oft neu ausgehandelt werden müssen. Bei insgesamt 32% aller Elternpaare mit Kindern bis 14 Jahren – und damit deutlich mehr als bei Paaren mit älteren Kindern – hat sich seit Ausbruch der Corona-Krise die Beziehung verändert. Dabei waren sowohl positive als auch negative Veränderungen zu beobachten: bei 21% der Eltern mit Kindern bis 14 Jahren hat die Beziehungsqualität etwas oder sogar stark zugenommen, bei 11% hat sie etwas oder stark abgenommen. Ein Vergleich von jungen Paaren unter 40 Jahren mit bzw. ohne Kinder zeigt entsprechend, dass sich die Beziehungsqualität in beiden Gruppen ähnlich oft verbessert hat, dass jedoch bei Paaren mit Kindern häufiger eine Verschlechterung festzustellen ist (12% versus 7%; ohne Abbildung).

Eine prekäre finanzielle Situation belastet die Beziehung

Fast ein Drittel der Befragten (30%) müssen aktuell, sei es durch Kündigungen, Kurzarbeit oder Berufsverbot, mit weniger Geld auskommen als vor der Krise. Dies hat Auswirkungen auf ihre Partnerbeziehungen. Befragte, deren Einkommenssituation sich verschlechtert hat, berichten deutlich häufiger, dass die Beziehung ebenfalls leidet: bei 11% der Befragten hat sich auch das Verhältnis zum Partner bzw. zur Partnerin verschlechtert (siehe Abbildung 1). Dies deckt sich mit Befunden aus der bisherigen sozialwissenschaftlichen Forschung, dass eine prekäre finanzielle Situation sich negativ auf die Partnerschaftszufriedenheit auswirkt.

Abbildung 1: Veränderung im Verhältnis zu Partner/in (in Prozent)

 

Fragetext: „Hat sich Ihr Verhältnis zu Ihrem Partner/Ihrer Partnerin seit Ausbruch der Krise (1) stark verbessert, (2) etwas verbessert, (3) kaum verändert, (4) etwas verschlechtert, (5) stark verschlechtert?“ Verteilung insgesamt: 5% stark verbessert; 12% etwas verbessert; 76% kaum verändert; 6% etwas verschlechtert; 2% stark verschlechtert (=101% aufgrund von Rundung).

 

Veränderung des Einkommens bezieht sich auf das Netto-Haushaltseinkommen im Februar 2020 im Vergleich zum aktuellen Einkommen (zum Zeitpunkt von Welle 5). Das Netto-Haushaltseinkommen wurde in Kategorien erfasst. „Rückgang“ bezeichnet eine Verminderung um zumindest eine Kategorie, „Anstieg“ bezeichnet eine Steigerung um zumindest eine Kategorie.

 

Quelle: Austrian Corona Panel Data; Welle 5; gewichtete Daten, n=864 (Befragte mit Partner/in im Haushalt).

Mehr Nähe durch Homeoffice kann unter günstigen Umständen Beziehungen bereichern

Jede/r fünfte (18%) unserer Befragten arbeitet im Homeoffice. Diese Situation bietet höhere Flexibilität in der Gestaltung der Arbeitszeit und den Wegfall von Arbeitswegen; sie birgt aber auch viele Herausforderungen. Dazu gehören unklare Grenzen zwischen Beruf und Privatleben, Ablenkung durch Kinder oder beengte Wohnverhältnisse. Aber wie wirkt sich die Arbeit im Homeoffice auf die Partnerbeziehung aus? Unsere Ergebnisse zeigen (ohne Abbildung): Mehr (gemeinsame) Zeit im Homeoffice birgt vor allem dann Chancen für Partnerbeziehungen, wenn die berufliche Arbeit nicht mit der Kinderbetreuung oder der Unterstützung beim Homeschooling in Konflikt gerät. Für 23% unserer Befragten ohne Kinder, die im Homeoffice arbeiteten, verbesserte sich die Beziehungsqualität, im Vergleich zu 13% bei jenen, die (weiterhin) außer Haus arbeiten. Bei Paaren mit Kindern, die im Homeoffice größeren Abstimmungsbedarf haben oder am Abend und am Wochenende arbeiten (müssen), zeigt sich hingegen kein Unterschied in der Veränderung der Beziehungsqualität im Zusammenhang mit dem Arbeitsort (kein „Homeoffice-Bonus“).

Hausarbeit ist häufiger Anlass für Konflikte

Des Weiteren haben wir die hauptsächlichen Konfliktthemen der Paare untersucht. Bei Paaren mit Kindern ist das Hauptkonfliktthema die Kindererziehung. Insgesamt über alle Paare (mit und ohne Kinder) betrachtet, führt die Aufteilung der Hausarbeit am häufigsten zu Streit: Bei 20% treten mehrmals im Monat Konflikte zu diesem Thema auf. Wie bisherige sozialpsychologische Studien zum Gerechtigkeitserleben gezeigt haben, kommt es dabei vielfach nicht nur zu Streit, weil der Zeitaufwand von Frauen und Männern für die Hausarbeit ungleich verteilt ist, sondern auch weil die Aufteilung als unfair und ungerecht erlebt wird.

Abbildung 2: Häufigkeit von Streit in Partnerschaft seit Beginn der Kontaktbeschränkungen (in Prozent)

 

Fragetext: „Wie oft hatten Sie seit den Beschränkungen mit Ihrer Partnerin/Ihrem Partner Streit wegen folgender Aspekte? Hausarbeit; Geld und finanzielle Dinge; Erwerbstätigkeit; Fragen der Kindererziehung und Umgang mit Kind/ern; Politik und staatliche Maßnahmen.“ Nahezu täglich; mehrmals pro Woche; mehrmals pro Monat; seltener; nie.

 

Quelle: Austrian Corona Panel Data; Welle 5; gewichtete Daten, n=869 (Befragte mit Partner/in im Haushalt) bzw. n=342 (Paare mit Kindern im Haushalt).

Fazit

Die Corona-Krise bedeutet für einen Teil der Paare eine Verbesserung ihrer Paarbeziehung, für andere eine Belastungsprobe. Positive Veränderungen bringt die Entschleunigung in der Corona-Krise vor allem für Paare, die zu zweit leben, im Homeoffice arbeiten und die nicht durch finanzielle Unsicherheiten bedroht sind. Angesichts von mehr gemeinsamer (Frei-)Zeit erleben sie am häufigsten eine Verbesserung der Partnerschaftsqualität. Die Ergebnisse für Paare mit Kindern bis 14 Jahre weisen auf gegenläufige Entwicklungen hin: ein hoher Anteil (rund 20%) berichtet von einer Verbesserung der Partnerschaftsqualität, während mit 11% auch überdurchschnittlich viele eine Verschlechterung der Beziehung erleben. Unsere Resultate zeigen außerdem, dass mit einem Rückgang im Einkommen tendenziell auch die Beziehungsqualität abnimmt. Wie sich die Partnerschaftsqualität von Paaren in Österreich in den nächsten Monaten entwickeln wird – und, damit verbunden, Scheidungs- und Trennungsraten – wird daher auch von der Entwicklung der wirtschaftlichen Situation abhängig sein.


Caroline Berghammer ist Assistenzprofessorin am Institut für Soziologie der Universität Wien und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Vienna Institute of Demography der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Sie forscht zu Familie, Fertilität und sozialer Ungleichheit.

Martina Beham-Rabanser ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Soziologie der Johannes Kepler Universität Linz. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Familien- und Kindheitssoziologie, sozialer Wandel und Kindheit sowie Familien- und Generationenbeziehungen heute.