24.04.2020

Regierungsleistung und Demokratiezufriedenheit in der Corona-Krise

  • Die Demokratiezufriedenheit in Österreich ist sehr hoch und liegt weit über den Werten vieler anderer Länder.
  • Die Zufriedenheit mit der Demokratie hat sich in den Wochen der Corona-Krise kaum verändert, aber jüngst zeichnet sich ein kleiner Rückgang ab.
  • Zudem sind nicht alle Österreicher*innen gleich zufrieden: wie zufrieden sie mit der Demokratie sind, hängt stark davon ab, wie zufrieden sie mit der Leistung der Regierung sind.

von Carolina Plescia und Sylvia Kritzinger

Zufriedenheit mit Demokratie und Regierungsleistung

Österreich gehört im internationalen Vergleich nach wie vor zu den Ländern mit der höchsten Demokratiezufriedenheit. Die Ergebnisse des European Social Survey 2018 zeigen, dass auf einer Skala von 0 bis 10, wobei 0 für "sehr unzufrieden" und 10 für "sehr zufrieden" steht, die durchschnittliche Zufriedenheit in Österreich bei 6.4 liegt. Gemeinsam mit Finnland (6.4) und den Niederlanden (6.4) rangiert Österreich somit im europäischen Spitzenfeld, nur Norwegen (7.2) und die Schweiz (7.5) weisen höhere Werte auf.

Die Zufriedenheit mit der Demokratie ist in der Regel ein gewichtiger Faktor für die Stabilität eines politischen Systems. Generell zeigt sich, dass die Zufriedenheit mit der Regierung in positivem Zusammenhang mit der Demokratiezufriedenheit steht (und umgekehrt). Und wird die Regierungsarbeit weitgehend positiv wahrgenommen, so neigt man auch dazu der Regierung mehr Vertrauen zu schenken. Mehrere Studien deuten in der Tat darauf hin, dass die Unterstützung für die Demokratie weitgehend von den wirtschaftlichen und politischen Leistungen der Regierungsverantwortlichen abhängt. So hatte beispielsweise die globale Finanzkrise von 2007 negative Auswirkungen auf die Zufriedenheit der Menschen mit der nationalen Demokratie.

Wie ist die Situation derzeit in Österreich? Um die durchschnittliche Zufriedenheit der Österreicher*innen mit der Demokratie und den Leistungen der Bundesregierung zu untersuchen, verwenden wir die ersten vier Wellen des Austrian Corona Panel Projects.

Die aktuelle Lage in Österreich

Abbildung 1: Demokratiezufriedenheit in Österreich über Zeit (Daten: Austrian Corona Panel Data, Welle 1, 27.–30. März 2020; Welle 2, 3.–8. April 2020, Welle 3, 10.–16. April 2020 und Welle 4, 17.–21. April 2020, gewichtet)

Im Austrian Corona Panel wird die Zufriedenheit mit der Demokratie und mit der Leistung der Regierung auf einer Skala von 1 bis 5 erfragt, wobei 1 für "sehr unzufrieden", 2 für "eher unzufrieden", 3 für "teils-teils", 4 für "eher zufrieden" und 5 für "sehr zufrieden" steht. Unsere Daten zeigen, dass die durchschnittliche Zufriedenheit mit der Demokratie über die vier Wellen hinweg ziemlich konstant bleibt. Ende März liegt der Mittelwert für die Zufriedenheit mit der Demokratie, gemessen auf der 1 bis 5 Skala, bei 3.85, Anfang April bei 3.78 und Mitte April bei 3.69. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Wellen sind nur gering, aber über den gesamten Zeitraum betrachtet, ist jedoch ein statistisch signifikanter Rückgang in der Demokratiezufriedenheit zu beobachten. Abbildung 1 zeigt beispielsweise einen Rückgang in der Demokratiezufriedenheit bei jenen Befragten, die Ende März noch „sehr zufrieden“ waren, und einen Anstieg der „eher unzufriedenen“ Befragten.

Regierungsleistung und Demokratiezufriedenheit

Abbildung 2: Regierungszufriedenheit ÖVP-Grüne über Zeit (Daten: Austrian Corona Panel Data, Welle 1, 27.–30. März 2020; Welle 2, 3.–8. April 2020, Welle 3, 10.–16. April 2020 und Welle 4, 17.–21. April 2020, gewichtet).

Abbildung 3: Relation zwischen Demokratie- und Regierungszufriedenheit (Daten: Austrian Corona Panel Data, Welle 4, 17.–21. April 2020, gewichtet).

Es gibt auch einige Unterschiede in der Zufriedenheit mit der Leistung der Regierung, die Ende März im Durchschnitt bei 3.85 lag, Anfang April zwischen 3.79 und 3.78, jedoch Mitte April auf 3.69 sank. Der Unterschied zwischen Welle 1 und Welle 4 ist dabei klein, aber (statistisch) signifikant. Abbildung 2 zeigt, dass der Rückgang der Zufriedenheit mit der Regierung vor allem bei jenen Befragten zu verzeichnen ist, die in Welle 1 noch „sehr zufrieden“ waren.

Der Zusammenhang zwischen der Zufriedenheit mit der Demokratie und der Leistungen der Bundesregierung ist generell sehr hoch (0.71) und wird über die Zeit hinweg noch stärker. Abbildung 3 diesen Zusammenhang für die letzte Welle Mitte April. Links sind die Befragten, die mit dem Funktionieren der Demokratie in Österreich unzufrieden sind, in der Mitte sind jene Personen dargestellt, die ambivalente Einstellungen haben, und rechts befinden sich die Personen, die hohe Demokratiezufriedenheit aufweisen. Dabei ist ersichtlich, dass jene Befragten, die mit der Leistung der Demokratie unzufrieden sind, auch mit der Leistung der Regierung unzufrieden sind, jene die mit der Demokratie zufrieden sind auch mit der Regierungsarbeit zufrieden sind. Die Befragten mit ambivalenter Demokratiezufriedenheit, beurteilen auch die Regierungsarbeit eher ambivalent. Aber es gibt eine größere Anzahl von Personen, die „eher zufriedenen“ mit der Regierungsarbeit sind, aber dennoch die Demokratie ambivalent beurteilen.

Zusammenfassung und Fazit

Auch in Zeiten der Corona-Krise können wir beobachten, dass die Zufriedenheit mit der Demokratie in Österreich sehr hoch bzw. sehr hoch geblieben ist. Auch die Leistungen der Bundesregierungen werden größtenteils als zufriedenstellend evaluiert. Unsere Daten zeigen jedoch, dass über die Zeit hinweg bei der Demokratiezufriedenheit erste, wenn auch kleine Veränderungen zu erkennen sind, und dass diese Veränderungen in einem Zusammenhang mit der Bewertung der Bundesregierung stehen.

Die anstehenden Veränderungen bei den Maßnahmen zur Corona-Krise und deren Wahrnehmungen durch die Bevölkerung werden daher wichtige Faktoren der zukünftigen Bewertung der Bundesregierung sein. Sollte die bisherige positive Bewertung sinken, könnte dies auch negative Auswirkungen auf die Demokratiezufriedenheit in Österreich haben.


Sylvia Kritzinger ist Professorin für Methoden in den Sozialwissenschaften am Institut für Staatswissenschaft der Universität Wien, eine der Projektleiter*innen der Austrian National Election Study (AUTNES) und stellvertretende Leiterin des Vienna Center for Electoral Research (VieCER).

Carolina Plescia ist Assistant Professorin (tenure-track) am Department of Political and Social Sciences an der University of Bologna. Davor war sie Assistant Professorin am Institut für Staatswissenschaft an der Universität Wien. Sie ist weiterhin als Lektorin und Senior Researcher am Institut für Staatswissenschaft assoziiert.