23.04.2020

Wie Emotionen uns in der Corona-Krise beeinflussen

  • In der Corona-Krise sind Angst und Furcht wichtige emotionale Reaktionen auf die Ereignisse, und diese Emotionen haben wichtige Konsequenzen für unser Verhalten.
  • Angst steigert unseren Medienkonsum, da wir mehr Information über die Bedrohung suchen.
  • Angst steigert auch unsere Zustimmung zu einschneidenden politischen Maßnahmen.

Von Markus Wagner

Die Corona-Krise lässt niemanden kalt. Wie alle Katastrophen und Krisen ist die derzeitige Zeit von starken Emotionen geprägt.

Die wichtigsten Emotionen in dieser Krise waren bisher Angst und Furcht: Wir fürchten uns, weil wir nicht wissen, wer krank werden wird und wie viele Menschen sterben werden. Wir fürchten uns aber auch, weil die Krise mit einer erheblichen Wirtschaftskrise einhergehen und auch wichtige, unvorhersehbare soziale und politische Folgen haben wird.

Wieso ist Furcht so eine wichtige Konsequenz dieser Krise? Sozialwissenschaftliche Studien zeigen, dass Bedrohungen generell negative Emotionen auslösen, zum Beispiel Ärger, Ekel und/oder Furcht. Angst und Furcht werden bei bestimmten Bedrohungen besonders stark ausgelöst, und zwar wenn Bedrohungen unsichere Konsequenzen haben, von uns persönlich nicht kontrolliert werden können und keinen Schuldigen haben. Aus dieser Perspektive scheint die Corona-Krise daher geradezu vorbestimmt zu sein, dass wir uns fürchten.

Die Daten des Austrian Corona Panel Projects zeigen, dass viele Österreicher und Österreicherinnen solche Emotionen verspürt haben. In der ersten Welle gaben 57 Prozent der Befragten an, an manchen Tagen oder öfter ängstlich oder sehr nervös gewesen zu sein. In der dritten Welle traf dies nur noch auf 50 Prozent der Befragten zu.

Die sozialwissenschaftliche Forschung zeigt auch, dass Angst und Furcht wichtige Konsequenzen haben. Während Angst natürlich psychisch belastend ist, kann diese Emotion auch positive Folgen haben, indem es unser Verhalten auf nützliche Weise beeinflusst. Furcht motiviert uns, die Krise zu bewältigen und die Bedrohung zu meistern. Eine der Folgen davon ist, dass Furcht dazu verleiten sollte, mehr Information zu suchen, um mit der Krise umgehen zu können.

Auch das sehen wir in den Daten des Austrian Corona Panel Projects. Abbildung 1 zeigt Unterschiede im Informationskonsum von jenen Befragten, die in der letzten Woche zumindest an manchen Tagen ängstlich oder nervös waren. Der durchschnittliche Konsum von Zeitungen und sozialen Medien ist dabei immer höher für jene Befragten, die angaben, Angst oder Nervosität verspürt zu haben. Besonders klar ist der Unterschied beim Lesen von Postings über die Corona-Krise auf sozialen Medien.

Was für Informationen suchen Menschen, die sich fürchten? Hier können unsere Daten keine direkten Antworten geben, aber die bisherige Forschung kommt zu zwei unterschiedlichen Schlussfolgerungen. Einerseits führt Furcht dazu, dass wir ein Bedürfnis nach besseren, objektiveren Informationen haben. Andererseits gibt es aber auch Anzeichen dafür, dass Furcht dazu verleitet, besonders beunruhigende, negative Information vorzuziehen. Es kann also sein, dass wir durch unsere Angst und Furcht mehr faktenbasiertes Wissen aneignen, aber auch überhöhten, dramatisierenden Prognosen zum Opfer fallen. Vielleicht zeigt sich das in der Krise in der höheren Nutzung von sozialen Medien.

Abbildung 1: Mediennutzung nach Emotionen

Angst und Furcht können aber auch dazu führen, dass wir eher dazu bereit sind, einschneidenden Maßnahmen zuzustimmen. Die Motivation dahinter, die Krise möglichst effektiv zu meistern. Unsere Daten unterstreichen dies. Abbildung 2 zeigt, dass unter den Befragten, die angaben, Angst oder Nervosität verspürt zu haben, die durchschnittliche Zustimmung zu politischen Maßnahmen gegen die Krise höher ist. Dies trifft insbesondere auf Maßnahmen zu, die in die Privatsphäre eingreifen könnten, z.B. Videoüberwachung, Handyortung und Apps.

Abbildung 2: Unterstützung für politische Maßnahmen nach Emotionen

Um unser Verhalten in der Krise zu verstehen, sollte man also emotionale Reaktionen nicht vergessen: wer sich fürchtet, informiert und verhält sich anders. Welches Kommunikationsangebot daher zur Verfügung stellt, ist von großer Wichtigkeit. 


Markus Wagner ist Professor für quantitative Parteien- und Wahlforschung am Institut für Staatswissenschaft an der Universität Wien.